Full text: Die brandenburgisch-preußische Geschichte

Der Krieg in Frankreich bis zum 1. Pariser Frieden 1814. 231 
schmeichelte er den leichtgläubigen Unterthanen und sprach: „Ganz 
Europa zieht gegen euch und mich, aber seine Kräfte übersteigen die 
unsrigen nicht. Die Feinde sollen uns ihren Angriffen gewachsen fin¬ 
den. Rüstet euch, Franzosens" — Darauf forderte er 300,000 Mann 
neue Truppen und ungeheure Geldsummen, und siehe, die Franzofen 
gaben, was sie nur konnten, so sehr wurden sie durch ihren Kaiser 
im Wahne erhalten und durch den Glanz 'der früheren Siege ver¬ 
blendet. Als die verbündeten Monarchen in Frankfurt am Main, wo 
sie versammelt waren, von den Vorgängen in Paris Kunde erhielten, 
sahen sie ein, daß nur die Schärfe des Schwerts den unbiegsamen 
Eroberer zu zwingen vermöge, und daß die Versicherungen zur Her¬ 
stellung der Ruhe nur falsche Kunstgriffe seien, durch die er seine 
Feinde Hinhalten wolle. Denn es waren zufällig Friedensunterhand¬ 
lungen angeknüpft worden, und die großmüthigen Herrscher hatten dem 
französischen Kaiser zugesagt, seine Herrschaft in Frankreich anzuerken¬ 
nen und das Land größer zu lassen, als es vor den Zeiten der Revo¬ 
lution gewesen, wenn er alles Uebrige sofort herausgeben werde. Nun 
aber erkannten sie den Trug des Hinterlistigen und sprachen am 1. 
Dezember im ernsten Tone, um der ganzen Welt ihre Gesinnungen 
darzulegen: „Nicht gegen Frankreich kämpfen wir, sondern gegen den 
Uebermuth, den Napoleon außerhalb der Grenzen seines Reichs übt. 
Wählt Frankreich jetzt den-Frieden, so soll es eine Größe erhalten, 
wie unter keinem seiner frühem Herrscher, nur wollen wir nicht, daß 
es, wie seither, Europa drücke und andern Landern zahllose Leiden be¬ 
reite. Darum haben wir uns bewaffnet." — Solche Worte erklan¬ 
gen freundlich in allen Reichen wieder, und selbst in Frankreich und 
Paris verfehlten sie ihre Wirkung nicht. Muthige Männer sprachen 
laut gegen des Kaisers tollkühnes Beginnen, und endlich wagten es 
mehrere Glieder des Senats, den Stolzen ernstlich zum Frieden zu 
mahnen. Da gerieth er aber in Wuth, sprach von Aufrührern und 
Verrathern und stieß am 1. Januar 1814 im Zorn die Worte aus: 
„Was wollt ihr? Ich stehe an der Spitze von Frankreich, weil es 
mir gefallt. Seid ihr nicht mit meinen Anordnungen zufrieden, so 
sucht euch einen andern Fürsten. Frankreich braucht mich nothwendi- 
ger, als ich Frankreich. Ich werde die Feinde aufsuchen und sie 
schlagen. Ihr wollt Frieden! Wohlan, in drei Monaten sollt ihr ihn 
haben, oder ich will zu Grunde gehen!" — Und darauf jagte er den 
Senat und die gesetzgebende Versammlung auseinander. Die Befehle 
aber, die in das Reich ausgingen, und die furchtbaren Anstalten, die 
ihnen folgten, zeigten zu deutlich, daß Napoleon Alles an Alles setzen 
wolle. Ueberall mehrte man die Heere, bildete neue, übte und musterte. 
Am Ende Januar hatte er wirklich an 130,000 Mann wieder bei¬ 
sammen, die er nach allen Richtungen hin den Verbündeten entgegen¬ 
sendete) und weissagte prahlend, bald werde er die Feinde vom 
ftanzösi'schen Boden -vertrieben haben. Diese näherten sich aber mehr 
und mehr der Hauptstadt, in welcher Napoleon scheinbar ganz ruhig
	        
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