Full text: Handbuch der Geschichte der Lande Hannover und Braunschweig

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Unser Buch flieht genugsam davon Kunde, wie unsere Lan¬ 
desgeschichte nur zu oft das trübe Bild zeigt, daß ein schöner, 
reicher und mächtiger Staat sich durch ewige Theilungen selbst 
zersplittert und aufreibt. Die unumstößliche Weisheit, welche in 
jener schönen Erzählung des Altenbums liegt, wo ein sterbender 
Vater seinen Söhnen zeigt, wie ein einzelner in die Hand genom¬ 
mener Pfeil leicht gebogen und gebrochen werde, während einem 
Bunde von sieben fest vereinigten Pfeilen alle menschliche Kraft- 
anstrengnng Nichts anhaben könne, scheint im Welfenhause erst 
spät anerkannt worden ;u sein. Bis dahin glaubte mau stets, in 
der Familie den Vorschriften einer höheren Gerechtigkeit nur also 
folgen zu können, wenn man bei Erbtheilungen sämmtliche Kin¬ 
der, — wenigstens die Söhne, — ganz gleich mit Land und Leuten 
ausstattete. Auf diese Art verlor man mit der Einheit zuerst häufig 
die Einigkeit, mit der Einigkeit die Macht, und mit der Macht 
folgeweis dann das Ansehen. So ist es lange gewesen, und wenn 
dann auch endlich später eine bessere Einsicht viel von dem Getrenn¬ 
ten glücklich wieder vereinigte, so hat doch alles politische Trachten 
und alle Menschenweisheit bis ans den heutigen Tag noch nicht 
ausgereickt, um für alle auseinandcrgerissene Stücke den ursprüng¬ 
lichen vollständigen Zustand der Einheit wieder herzustellen. Aber 
eine höhere Vorsehung, die stets sichtbar mit schützender und erhal¬ 
tender Hand über dem Welfenlande gelvacht hat, scheint endlich in 
der nächsten zukünftigen Aera die Zeit angesetzt zu haben, wo auch 
die allerletzteTrennungbeidem aufhören soll, was durch Nationalität, 
Negierttng und durch die gemeinsamen Schicksale so vieler Jahr¬ 
hunderte unabänderlich zusammengekettet ist. 
Und so möge denn unsere Jugend in ihrem empfänglichen 
Gemüthe mit der geschichtlichen Kenntniß des eignen Vaterlandes 
auch die Liebe 511 demselben stets wachsen lassen. Entspringt sodann 
aus dieser edlen Quelle bei ihr schon früh der feste Vorsatz, nach 
von Gott verliehenen Kräften und in der vom Geschick demnächst 
angewiesenen Stellung, welche solche auch sei, mitzuwirken an dem, 
was unser Vaterland zu werden berechtigt ist: so ist dessen Geschick 
bei den eignen Kindern in den treuesten Händen lind für alle 
Zukunft so fest gesichert, wie überhaupt Menschenwerk gesichert 
werden kann. 
----TS,
	        
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