Deutsch-Ostafrika. 47
gefürchteten Macht unverkennbar. Ihr wilder, kriegerischer Aufputz und ihr
ungestümer Aulauf, die ehemals alle Karawaueu bis zur fügsamsteu Ergebung
in ihre anmaßenden Forderungen einschüchterten, verfangen nicht gegenüber
europäischen Schnellfeuerwaffen. Vielleicht find die wilden Steppensöhne
nicht fern von dem Tage, an dein sie sich in das Schicksal ergeben müssen,
das sie selbst ihren stammverwandten Vorgängern, den Waknafi, bereiteten:
verzichten Zu müssen auf das freie Räuberleben und zu seßhaftem, arbeits-
samen Dasein sich herbeizulassen. Erst wenn die ackerbauende Bevölkerung
der fruchtbaren Kulturlandschaften nicht mehr die wehrlose Beute für die
räuberischen Steppeu-Nomadeu bildet, kann auch das innere Dentsch-Ostasrika
in ruhiger Zunahme seiner in den letzten Jahrzehnten arg gelichteten Be-
völkernng zu einem leistungsfähigen, erzeugnisreichen Gebiete werden.
In der Sicherung der Anfänge dieses Entwicklungsganges fällt der
deutschen Schutztruppe eine große Ausgabe zu. Die Natur des LaudeS
forderte ihre Zusammensetzung aus angeworbenen Farbigen (Somalis, Su¬
danesen, aber iu wachsender Zahl auch Leuten aus dem Schutzgebiete selbst);
nur Offiziere uud Unteroffiziere sind Deutsche. Nach Aussonderung einer
sür den Sicherheitsdienst an der Küste und die Unterstützung der Zollbehörden
bestimmten Polizeitruppe (Bestand Ende Mai 1892: 420, darunter 22 Euro¬
päer) blieben für die Feldtruppe uoch 6 Eompagmeen (Bestand 1258, darunter
57 Europäer). Entsprechend der geringen Stärke dieser Macht lag es
ursprünglich in der Absicht der leitenden Persönlichkeiten, den Wirkungsbereich
der Truppe auf die Sicherung des eigentlichen Schutzgebietes uud der wich-
tigsten Karawaueustraße zu beschränken, aber der Gang der Ereignisse, der
nicht überall dem Willen der Oberleitung entsprach, vervielfältigte so schnell
die einer Obhut bedürftigen Punkte in dem weiten Raum der Interessen-
sphäre, daß gegenwärtig ein unverkennbares Mißverhältnis zwischen der Kraft
der Truppe und den ihr erwachsenden Anforderungen besteht. Eine Ver-
mehrung der Truppe ist ein allseitig anerkanntes dringendes Bedürfnis.
Statistisches. Die Bevölkerung von Deutsch-Ostasrika schätzt Supau
unter der Annahme einer durchschnittlichen Volksdichte von 3 aus 1 qkm
zu 2 900 000. Nur in wenigen von Natur begünstigten Gebieten (Küste,
Kilima-Ndjaro) steigert sich die Volksdichte auf 40—50 Köpfe für den
Quadratkilometer.
Für die wichtigsten Küstenplätze werden folgende Volkszahlen angegeben:
Tanga 2500—3000, Pangani 4000, Saadani 2000, Bagamoi)0 20 000,
Dar-eo-Salum 6000, Liudi 1500—2000, Sudi über 2000.
Der Haudel des Schutzgebietes ist iu sichtlichem Aufschwung begriffen.
Die Einfuhr steigerte sich von 1888/90 bis 1890/91 von 2 485 163 über
8 473 147 auf 9 000 843 Mk., die Ausfuhr gleichzeitig von 4 270 653 über
7 523 873 auf 7 482 429 Mk.
Während iu der Einfuhr Baumwollenwaren durchaus in erster Linie
stehen (66, 69, 58 %), verteilt sich 1890/91 die Ausfuhr auf die wichtigsten
Artikel, wie folgt: