Full text: Lehrbuch der Geschichte vom katholischen Standpunkte aus

XU. Zeitraum. Vom westphälischen Frieden rc. 171 
men, Holland und Brandenburg deutlich erkannte. Im westphälischen 
Frieden war das deutsche Land Elsaß Frankreich bei der Vertheilung zu¬ 
gefallen. Plötzlich erklärte Ludwig, daß er zu allem dem, was er bereits 
vom heiligen deutschen Reiche erobert hatte, auch noch alles das haben 
müsse, was jemals damit zusammengehangen, z. B. alle Klöster und Ort¬ 
schaften, die einmal im Lehnsverband oder Erbvertrag mit Elsaß gestan¬ 
den hätten, wäre dies auck tausend Jahre her. Hatten seine Rechtsge¬ 
lehrten einen solchen Ort in. den Akten aufgefunden, so ließ er sogleich 
die alten Wappen wegreißen und die Lilien aufpflanzen; dabei steckten 
seine Soldaten w.ie Mordbrenner oft ganze Städte und Dörfer in Brand, 
und während man in Regensburg auf dem deutschen Reichstage darüber 
berathschlagte, erscholl auf einmal die Nachricht: Straßburg ist französisch.^, 
Ludwig hatte die Stadt, als ihre Bürger auf der Frankfurter Messe 
waren, überrumpelt. Straßburg, der Schlüssel von Oberdeutschland, von 
dem Karl V. noch gesagt hatte: „Wenn Wien und Straßburg zugleich 
bedroht wären, so würde er unzweifelhaft zur Rettung von Straßburg 
hineilen" — dieses wichtige Straßburg war französisch geworden, mitten 
im Frieden, und der verrätherische Bischof Wilhelm von Fürstenberg 
hatte den König mit dem Gruße Simeons bei seinem Einzuge empfan¬ 
gen: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine 
Augen haben deinen Heiland gesehen!" — Ludwig stellte sogleich viele 
Franzosen in Straßburg an und ließ es dann durch ungeheure Festungs¬ 
werke uneinnehmbar machen. Er befahl, die deutsche Tracht abzulegeu, 
und namentlich den Frauen, sich streng nach der neuesten französischen 
Mode zu kleiden, um sie von ihren einfachen deutschen Sitten abzu¬ 
ziehen. 
Außer jenem Bischöfe gab es leider der Berräther noch mehrere in 
Deutschland, selbst unter Gelehrten und Ministern, die der schlaue Lud¬ 
wig zu bestechen wußte. So weit war Deutschland heruntergekommen. 
Den Ministern ließ er namhafte Geschenke zugehen und nannte sie Cou¬ 
sins; die Gelehrten, die in ihren Schriften Frankreich über Alles erho¬ 
ben, begnadigte er mit Pensionen und ließ ihnen schreiben: wenn er auch 
nicht das Vergnügen habe, ihr Herr zu sein, so gewinne er und die fran¬ 
zösische Nation doch von jedem Fortschritt der Wissenschaft, und er sei 
deshalb den Förderern derselben immer verpflichtet. Nicht umsonst schmei¬ 
chelte Ludwig diesen unpatriotischen Leuten, er wollte sich die römische 
Kaiserkrone verschaffen, und jene thaten das Ihrige redlich dazu, ihn als 
den ersten Monarchen, den die Welt habe, darzustellen. Dabei verstand 
er es, den französischen Hof zum brennenden Mittelpunkt des irdischen 
Glanzes zu machen. Seine Lustschlösser mit den großen Marmortreppen 
und berühmten Spiegelgallerien, seine Gartenanlagen mit den beschnitte¬ 
nen Alleen und Springbrunnen, seine Hostrachten, Hoffeste, Hofetiquetten 
wurden das Musterbild von Europa, namentlich in Deutschland. Alle, 
auch die kleinsten Reichsritterschaften ahmten ihm rasch und eifrig nach; 
jeder schuf sich ein Versailles, ein Palais Ludwigs, wie es die Welt 
vorher nicht gesehen. Auch die kurzen Beinkleider mit dem Frack, die 
Schuhe mit seidenen Strümpfen wurden überall eingeführt. Selbst die
	        
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