IV. Zeitraum. Die Völkerwanderung und d i e u m g est altu n g rc. 51
Heiligen" erhielt, wurde das Evangelium auch mit Zulassung des angel¬
sächsischen Königs Edelbert von dem Abte Augustin aus Rom mit gro¬
ßem Erfolge in England gepredigt und in verhältnißmäßig kurzer Zeit
die Bekehrung des ganzen Landes bewirkt. Aus England kamen dann
Glanbensboten nach Deutschland, und obwohl die ersten ein Opfer heid¬
nischer Wildheit wurden, so folgten doch unerschrocken immer mehrere
nach und sahen ihren apostolischen Muth durch das Gelingen ihres hei¬
ligen Vorhabens belohnt: so Emmeran bei den Bayern, Ruppert zu Salz¬
burg, Columban und Gallus bei den Alemannen, Kilian bei den Thü¬
ringern, Corbinian zu Freisingen, Suitbert und Willibrord bei den
Friesen. Der eigentliche „Apostel der Deutschen" aber war der Bene-
dictinermönch Winfried aus England, als Bischof Bonifacius genannt.
Dieser machte nicht nur Tausende zu Christen, er sorgte auch dafür, daß
sie Christen blieben. Er erbaute Kirchen und Klöster, legte dabei Schulen
und geistliche Erziehungshänser an, stiftete vier Bisthümer und wurde im
I. 751 seiner vielen Verdienste wegen vom Papste zum Erzbischof in
Mainz ernannt. Auf einer nochmaligen Bekehrungsreise zu den Friesen
überfiel ihn em Hause heidnischer Friesen (den 5. Juni 755) und tödtete
ihn. Sein Leichnam wurde später in Fulda beigesetzt.
Die Klöster haben einen außerordentlich wohlthätigen Einfluß auf
die damalige Menschheit ausgeübt. Sie waren zunächst Brennpunkte,
von denen das Licht des Evangeliums immer von neuem in die Heiden¬
welt strahlte; sie waren Burgen des Christenthums, in welche verfolgte
Missionäre sich zurückzogen und aus denen immer wieder neue Schaaren
von Kämpfern für das Reich Gottes auszogen; sie waren Begründungs¬
stätten der bürgerlichen Ordnung und der Landescultur, denn um sie
sammelten sich nicht nur Schaaren von Flüchtigen und durch den Krieg
Versprengten, sondern sie wurden auch von den Mönchen int Acker- und
Häuserbau unterrichtet, wodurch Dörfer und Städte ins Leben gerufen
wurden; sie waren endlich die Begründungsstätten der geistigen Bildung,
denn nur sie unterhielten Schulen, nur in ihnen fanden die Wissenschaften
Aufnahme und Pflege, nur ihnen haben wir die Erhaltung und Verviel¬
fältigung der Schriften des Alterthums und die Erklärungen der heiligen
Schriften durch die Kirchenväter zu verdanken.
Die Staatsverfassung im Frankenreiche zur Zeit der
Merovinger.
Das Lehns- oder Feudalwesen entstand in Deutschland auf folgende
Weise. Ein Eroberer theilte das erworbene Land mit den Oberen seines
Gefolges. Jeder erhielt ein Loos, Allodium (der König das größte) als
Grundeigenthum zur beliebigen weiteren Vertheilung. Wer nun von den
Getreuen ein Stück vom Grundeigenthum zur Nutznießung gegen das
Versprechen der Treue und des Kriegsdienstes auf Lebenszeit erhielt, hieß
ein Lehnsmann, und das erhaltene Land ein Lehen (feudum oder bene¬
ficium). Anfangs waren die Lehen nur lebenslänglich, allmälig wurden
)ie erst von den Königen erblich ertheilt.
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