Full text: Geschichte des teutschen Volkes

Innere Zustände. 
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fatte des sittlichen Lebens nicht wenig bei. Mehr aber gewiß 
noch der Umstand, daß auf den Gütern der Großen und in 
den Raubschlössern der Ritter unter dein Namen von Kaplänen 
eine große Anzahl von Personen lebte, welche bloß von ihren 
Herren abhingen, von diesen zu allerlei Diensten gebraucht 
wurden und zur Entschädigung dann ihre Stellung weislich 
benutzten, ein zügelloses Leben zu führen, ohne es nöthig zu 
haben, darüber Jemanden Rede zu stehen. Außerdem mehrte 
sich die Zahl der Geistlichen im höheren Maße, als sie mit 
Pfründen versorgt werden konnten. Diese lebten unstät und 
konnten nicht unter Zucht gehalten werden. Sodann war es 
unter den Umstanden oft nicht zu vermeiden, daß wirklich Un¬ 
fähige, ja Unwürdige, zu geistlichen Aemtern gelangten, welche 
ihrem Stande also ebenfalls keine Ehre machten. Jndeß ist 
von Seiten der Bischöfe sowohl, als 'der Papste, die angestreng¬ 
teste Thätigkeit zur Niederschlagung aller dieser Uebel nicht zu 
verkennen, und neben jenen Unwürdigen hat es zu jeder Zeit 
in überwiegender Mehrzahl Männer gegeben, denen die heilige 
Sache der Religion um so mehr am Herzen lag. Wohl war 
das im 8ten und 9ten Jahrhunderte eingeführte gemeinsame — 
kanonische — Leben der Geistlichen längst wieder zerfallen; . 
aber der geistliche Beruf an sich hatte immerhin noch Antriebe 
genug, namentlich so vielen verwilderten Naturen gegenüber, 
sich vielseitig als würdige Eiferer und erhabene Muster christ¬ 
licher Größe zu bewähren. Dabei war es ein Glück, daß un¬ 
ter den Kloster- und Weltgeistlichen stets eine Art von Eifer¬ 
sucht stattfand. Die Klöster genossen in den Augen des Vol¬ 
kes von jeher eine hohe Achtung und Bewunderung, wurden 
zudem, wenn zu Zeiten verfallen und herabgewürdigt, immer 
durch neue Umbildungen und neue Stiftungen wieder an ihre 
alte Bestimmung gemahnt und so aus der Gesunkenheit ge¬ 
weckt, angeregt und gehoben, während die Weltgeistlichen gerade 
in dieser steten Voranbildung des religiösen Charakters mäch¬ 
tige Antriebe fanden, ebenfalls nicht zurückzubleiben in ihrem 
geistlichen Berufe. Damit sie von den Mönchen nicht ganz 
überflügelt, von diesen an Geltung übertroffen und dadurch 
nicht allein beschämt, sondern vielleicht ganz außer Einfluß 
gesetzt würden. Dieser Wetteifer war wohlthuend und segens¬ 
reich, selbst in wissenschaftlicher Hinsicht. War aber in dieser 
Zeit die gelehrte Bildung fast ausschließlich bei den Geistlichen 
überhaupt, so muß man dennoch den regsten Eifer und die er¬ 
giebigsten Früchte in dieser Hinsicht unbedenklich den Mönchen 
zuschreiben. Diese haben unstreitig fast in jedem Bereiche des 
Wissens, wie überhaupt in Allem, was Mühe und Fleiß in 
Anspruch nahm, die entschiedensten Verdienste um das dama¬ 
lige Geschlecht.
	        
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