Full text: Geschichte des teutschen Volkes

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Achter Zeitraum. 
sich an die Spitze (I. 1670). Leopolds Minister Lobkowitz, 
von dem die Beeinträchtigung der Ungarn hauptsächlich aus- 
gegaugen war, traf nunmehr glückliche Vorkehrungen, daß den 
kaiserlichen Waffen schneller Sieg zu Theile wurde. Ragoczy 
legte die Waffen unter vorläufigen Bedingungen nieder. Här¬ 
tere Züchtigungen trafen die anderen Betheiligten. Todesstra¬ 
fen, Gütereiuziehungen und Landesverweisungen wurden ver¬ 
hängt, und insbesondere erfuhren die Protestanten, wie auch 
vor dem Kriege, rücksichtslose Behandlung. Die Erbitterung 
der Nation blieb. Nach vier Jahren stand sie abermals unter 
den Waffen, an ihrer Spitze der Graf von Toköly, unter Mit¬ 
wirkung Abaffis, des siebenbürgischen Fürsten, und der Fran¬ 
zosen, die mit ihrem Getreide gegen Oestreich überall bei der 
Hand waren und 12,000 Tataren nebst 6000 Polen zur Hülfe 
herbeischafften. Daher waren die Ungarn diesmal glücklicher im 
Kampfe, und der Kaiser nahm seine Zuflucht zu einem Reichs¬ 
tage, der zu Oedenburg den Beschwerden der Nation abhelfen 
sollte; auch ließ er gleichzeitig in vielen Dingen Mäßigung 
und Billigkeit eintreten. Allein Tököly mit seinen Freunden 
stellte die Forderungen über die Willfährigkeit des Kaisers weit 
hinaus und verband sich mit den Türken (I. 1682). Die 
Franzosen halfen so viel nach, daß letztere noch vor Ablauf des 
20jährigen Waffenstillstandes an Oestreich den Krieg erklärten, 
und bald standen hundert Tausend Feinde im Felde, denen 
Leopold kaum ein Drittheil entgegenzustellen hatte. Dies war 
der Erfolg von Ludwigs Ränken zur Zeit, als die erwähnte 
Allianz gegen ihn geschlossen wurde. 
Als eine Reichsangelegcnhcit sah man die Noth Ocstrcichs 
nicht an; dennoch leisteten die teutschen Fürsten beträchtlichen 
Beistand, insbesondere Baiern und Sachsen; Johann Sobiesky 
von Polen versprach für sich allein 20,000 Mann. Karl 5/ 
von Lothringen übernahm den Oberbefehl. Ein trefflicher Feld¬ 
herr war dieser, und der Haß gegen Ludwig 14., den Räuber 
seines Herzogthums, ernnrthigte ihn zu verdoppelter Anstren¬ 
gung. Aber noch hatte er jene Hülfstruppen nicht beisammen 
und mit seinem schwachen Heere konnte er den Andrang der 
Feinde nicht hemmen, als diese ohne Zögerung vor Wien zogen 
(I. 1683 Juli), während es jedoch dem Herzoge gelang, eine 
Besatzung von 12,000 Mann in die Stadt zu werfen. Der 
Kaiser aber floh nach Linz. Von hier aus ließ er die Fran¬ 
zosen am Rheine um einen Waffenstillstand bitten; aber nur 
gegen Einräumung des ganzen Raubes wollte sich Ludwig dazu 
verstehen und auch dieses Versprechen nur bis zum Ablaufe 
eines Monats halten. Unterdeß halte sich Herzog Karl,den 
Türken entzogen, um die Hülfsheere zu erwarten. Jene ver¬ 
heerten die Umgegend weit und breit; die Stadt selbst aber
	        
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