Rome r.
137
er im Tempel der Bellona, der in der Rennbahn stand, kaltblütig
eine Rede an den Senat hielt. Die Senatoren schauderten bei dem
Winseln der Sterbenden und dem Prasteln der Säbel auf zerschellen¬
den Menschenknochen, aber Sulla sagte kurz: Nur ruhig, versammelte
Bürger! Bekümmert euch nur um das, was ich euch vortrage, und
nicht um das, was draußen geschieht. Es werden nur einige unnütze
Menschen aus meinen Befehl gezüchtiget.»
Nach einigen Tagen ließ er Proscriptionslisten authangen,
Verzeichnisse derjenigen, welche sterben sollten, am ersten Tage 80 Na¬
men, am zweiten 220 u. s. w. Auch seine Freunde hatten das Recht,
ihre Feinde in die Proscriptionsliste einzutragen, und so mordete Ca¬
tilina seinen eigenen Bruder, und schrieb ihn erst nachher in die Liste.
Niemand durfte einen Proscribirten beherbergen, der Sohn nicht den
Vater, der Sclave nicht den Herrn. Für den Kopf eines Proscribir¬
ten gab Sulla 2 Talente, und so sah man immerdurch Leute mit
Menschenköpfen in Sulla's Haus gehen, und mit vollen Beuteln wie¬
der heraus kommen. Die Köpfe ließ Sulla in seiner Halle aufschich¬
ten. Der 14jährige Marcus Porcius Cato, ein Urenkel des Cen-
sors Cato, der von seinem Lehrer oft in das Haus des Gewalthabers
geführt wurde, und die vielen Köpfe sah, sprach einmal zu seinem Leh¬
rer:^ Gib mir doch ein Schwert, daß ich den Tyrannen ersteche! Der
bestürzte Lehrer führte seinen Zögling nie wieder hin.
Die Güter der Geächteten ließ Sulla einziehen, und bei der Ge¬
legenheit kaufte Crassus, einer seiner Offiziere, so viele Grundstücke,
Häuser und Sclaven an sich, daß ihm fast die halbe Stadt gehörte.
Als Sulla und seine Freunde keine Gegner mehr wußten, da
wurde die Proscription geschlossen. Nach einer ungefähren Berechnung
waren 15f Consularen, 90 Senatoren, 2600 Ritter, über 100,000 rö¬
mische Bürger gemordet. Und während die Stadt einer Schlachtbank
glich, prassete Sulla jeden Abend mit den liederlichsten Menschen an
einem üppigen Mahle.
60.000 Kriegern, die ihm seine Herrschaft erstritten hatten, wies
, er Etrurien zu Wohnsitzen an. Die alten Bewohner mit Weib und
Kind wurden aus ihrem Eigenthum vertrieben, und mußten nun Räu¬
berbanden bilden.
10.000 Sclaven der Proscribirten schenkte er die Freiheit, die
Aecker ihrer Herren und das römische Bürgerrecht, gab ihnen nach sich
den Namen Cornelier, und hatte an ihnen eine zuverlässige Leib¬
wache.
Dann ließ er sich zum immerwahrenden Dictator ernen¬
nen, gab gute Gesetze, führte die Ruhe in's Land zurück, und seine
Schreckensregierung verschaffte den Gesetzen allgemeinen Gehorsam.
Er richtete die Verfassung wieder ganz aristokratisch ein, schaffte die
Volkstribunen ab, setzte 300 Ritter zum Senate — dessen Mitglieder
fast sämmtlich gemordet waren — und gab 1000 Sclaven das rö¬
mische Bürgerrecht.
Zuletzt gab er dem römischen Volke ein herrliches Gastmahl auf
offenem Markte, mehrere Tage lang, um eS nach so vielen Leiden et¬