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wenigen Tagen am Senegal an, wo sie während unsers Winters
reichliche Nahrung finden. Die Wachtel kann wegen ihres schwer—
fülligen Fluges nur mit Hilfe des Windes lange Strecken durchziehen.
Die europüischen Wachteln kommen auf ihrer Wanderung stets mit
dem Nordostwind nach Malta.
Was treibt die Zugvögel zur Wanderung? Nicht die Kälte, nicht
der Nahrungsmangel, denn viele ziehen schon in der Mitte des
Sommers von uns fort, wo sie weder frieren noch Mangel leiden.
Wer weist den Vögeln den Weg und das Land, wo sie während
des Winters ihre Nahrung finden? Wer sagt ihnen die Zeit, wann
sie aufbrechen sollen?
Manche Vögel vereinen sich auf ihrer Wanderung zu außer⸗
ordentlich großen Scharen. Wilson berechnete die Ausdehnung eines
Zuges von Wandertauben, den er in Amerika beobachtete, auf 140
englische Meilen und schätzte ihre Zahl auf 1280 Millionen. Wo sie
sich niederließen, brachen die Aste von den Bäumen. Millionen Scheffel
von Buchnüssen waren zu ihrer täglichen Nahrung erforderlich. Es
ist begreiflich, daß solche Scharen auf ihren Ruheinseln seit Jahr—
tausenden mächtige Lager von Guano angehäuft haben.
Sobald die Sonne wieder einen größern Bogen an unserm
Horizonte beschreibt und der neue Frühling frisches Leben auf unsern
Gefilden erweckt, senden die Segler der Lüfte ihre Quartiermacher
voraus, um die alten Brutplätze zu besichtigen. Diese Vorboten bleiben
gewöhnlich nur wenige Tage und ziehen dann wieder halbwegs zurück,
um den nachrückenden Brüdern Bericht zu erstatten. Ist der Bericht
günstig ausgefallen, so schwärmt wie zu einem Freudenfeste Tag für
Tag eine Schar der beflügelten Wanderer nach der anderen aus Äfrika
über das Mittelmeer, durch Italien und über die Alpen ihrer nörd—
lichen Heimat zu. Jedes Pärchen findet seinen früheren Nestplatz
wieder. Die einheimischen Stammgäste, Zaunkönige, Sperlinge,
Meisen u. a, begrüßen in den Hecken mit fröhlichem Gezwitscher die
ankommenden Gesellen. Laßt euch nicht kümmern, ob Wohnung in Ge—
büsch und Baum, in Schilf und Saatfeld, in Höhlen und Klippen und
unter dem Dache der Hütte zu finden sei! Der große Hausvater der
Schöpfung hat für alles gesorgt; der Tisch ist gedeckt! Da sind
Millionen Insekteneier und Puppen zum Ausschlüpfen bereit; dort
erwachen die Winterschläfer, Käfer, Fliegen, Spinnen, Würmer, aus
ihrem Schlafe; bald wimmelt es in Fluren, Wäldern, Triften und
Gärten. Bienen summen, Motten schwirren, Käfer surren, Grillen,
Schnaken, Schnecken, Asseln feiern ihren Auferstehungstag. Eine