Full text: Weltgeschichte für die katholische Jugend

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-von den Ostgothen, im jetzigen Polen lebten) in Streit gekommen, und 
es gelang dem jungen Theodorich, die Feinde vollständig zu schlagen 
und zum Frieden zu zwingen. Als Theodemir gestorben war, wählte 
ihn das Volk einstimmig zum König, und nun beschloß er, aus Pan¬ 
nonien, wo nicht genug Nahrung zu finden war, fortzuziehen und bessere 
Wohnsitze zu suchen. Er warf seine Augen auf das reiche, schöne Ita¬ 
lien, das freilich ja schon, wie ihr wißt, einen Herrn hatte, den Odoaker. 
Theodorich begab sich nach Constantinopel zum Kaiser ZeNo, und dieser 
war sehr erfreut, seine bisherigen Nachbarn loszuwerden, die ihm leicht 
gefährlich werden konnten. 
So brachen denn im Jahre 459 die Ostgothen — 200,000 streit¬ 
bare Männer — nach Italien auf. Odoaker sah allerdings mit Be- 
sorgniß die ungeheuren Scharen anrücken, doch verlor er den Muth 
nicht, rüstete sein Heer und zog ihnen entschlossen entgegen. Nicht weit 
von den Trümmern der Stadt Aquileja (die Attila 452 gänzlich 
zerstört hatte) kam es zu einer großen Schlacht; Theodorich siegte 
und Odoaker mußte sich zurückziehen. Nachdem dieser im folgenden 
Jahre noch einmal bei Verona*) geschlagen und von seinen Bundes¬ 
genossen und Freunden verlassen worden war, flüchtete er sich in seine 
feste Hauptstadt Ravenna, während fast das ganze übrige Italien in 
die Hände feines Gegners fiel. Ovoaker vertheidigte sich hier drei 
Jahre lang und hätte den Widerstand gewiß noch länger fortgesetzt, 
wenn nicht in der Stadt die Hungersnoth aufs höchste gestiegen wäre. 
Als er endlich den Anblick seiner bleichen, abgemagerten Freunde und 
der jammernden Einwohner nicht länger ertragen konnte, schloß er mit 
Theodorich einen ehrenvollen Vertrag (493), in welchem dieser ihm 
Leben und Freiheit zusicherte. Leider hielt Theodorich sein Versprechen 
nicht; denn er stieß ihn bald hernach mit eigener Hand nieder, wahr¬ 
scheinlich, weil er Verrath von ihm fürchtete. 
Von Ravenna aus beherrschte nun fortan Theodorich als König 
von Italien weise und gerecht das ostgothische Reich, das unter ihm 
von der Südspitze Siciliens bis über die Alpen an die Donau reichte. 
Kein einziger Herrscher Italiens hat je so viel für fein Land gethan, 
und es giebt unter allen jenen Königen deutscher Stämme, welche neue 
Reiche stifteten, nur einen Mann, der mit ihm verglichen werden kann, 
Karl den Großen, von dem ihr später hören sollt. 
Die unterworfenen Römer behandelte Theodorich gerecht und 
milde, ließ ihnen zwei Drittel aller Ländereien, wie auch ihre alten 
Gesetze und verbot ihnen nur, Waffen zu tragen. Ein Drittel des 
Landes, das schon Odoaker für sich in Anspruch genommen hatte, gab 
er seinen Kriegern, doch durften diese nicht bloße Ackerbauer werden, 
*) Verona wurde bei den Deutschen Bern genannt, und daher hieß 
Theodorich auch wohl „Dietrich von Bern".
	        
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