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Sieg davon. Nach dem Kampfe bei Verona, das auch „Bern" genannt
wurde, empfing er den Namen, den ihm die Sage giebt. Mit dem Rest seiner
Mannschaft warf sich Odoaker in das feste Ravenna. Nach einer dreijähri¬
gen Belagerung mußte er aber dem Feinde die Stadt überlassen (493). Noch
in demselben Jahre fand Odoaker seinen Tod. Bei einem Gastmahl stieß ihm
Theodorich mit eigener Hand das Schwert durch die Brust, weil er fürchtete,
daß Odoaker ihm die gemachten Eroberungen wieder entreißen würde.
So vollendete Theodorich im Jahre 493 die Gründung des oft-
g ethischen Reiches in Italien, das bald das mächtigste Reich der Erde
wurde. Ravenna und Verona waren die Residenzen des Königs. Theo¬
dorich verstand es, die verschiedenen Völker selbstständig zu leiten und dabei
doch jeder Nation ihre Eigenthümlichkeit in Religion, Sitte und Gesetz ju
lassen. Die Römer behielten ihren katholischen Glauben, die Gothen bekann¬
ten sich zur Lehre des Arius. Erstere betrieben Ackerbau, Handel und Ge¬
werbe, Letztere wurden zur Verteidigung des Landes verwendet. Die größere
geistige Bildung der Römer befähigte sie zur Verwaltung der Staatsämter.
Amt und Würde wurde nur nach Verdienst vertheilt. Cassiodorns Mar¬
der erste Rath des Königs. Theodorich that viel für Erhaltung und Wieder¬
herstellung voll Kirchen, Palästen und Monumenten des Alterthnms. Für
die Ausschmückung der beiden Hauptstädte Rom und Ravenna gab er große
Summen hin. Bei den auswärtigen Fürsten genoß der König hohe Achtung.
Die Könige der Burgunder, Franken, Westgothen, Vandalen und Thüringer-
verschwägerten sich mit ihm; die Alemannen schlossen sich ihm an; „ja, es gab
kein Volk im Abendlande, welches Theodorich, so lange er lebte, nicht durch
Freundschaft oder Untertänigkeit gehuldigt hätte." Seine Friedensliebe hat
manchen Streit im Keime erstickt. Aus dieser Gesinnung entsprang sein
großer Gedanke, alle christlichen germanischen Völker und Für¬
sten in einen großen Friedensbund zu vereinen, dessen Glieder
in Freundschaft neben einander lebten. Die Durchführung dieses Planes schei¬
terte aber.
In ganz Europa pries man die Thaten des edlen Fürsten. Durch reiche
Gaben suchten fremde Herrscher ihm ihre Verehrung an den Tag zu legen.
Er starb im Jahre 526. Sein Leichnam wurde in dem Mausoleum 311 Ra¬
venna beigesetzt, welches er sich selbst errichtet hatte.
Mit Theodorich's Tode begann der Verfall des gewaltigen Reiches. Die
Römer wollten der Herrschaft der Arianer ledig sein und wünschten sich unter
das Scepter der oströmischen Kaiser, die ihres Glaubens waren. Die Großeil
des Reiches waren uneinig und stürzten und erhoben mehrere Könige nach
einander. Im oströmischen Reiche war Justi nian auf den Thron gekommen.
Derselbe gedachte, die verlorene Macht Roms im Westen wieder herzustellen,
und sendete sein Heer unter Belisar gegen die Vandalen. In zwei Feld¬
zügen ward das vandalische Reich zerstört (534). Kaum war dies gescheheil,
so führte Justinian seine Waffen gegen die Ostgothen. Es entspann sich ein
harter, langer Kampf, welchen Narses, der Nachfolger Belisar's, zu Ende
führte. Das Ostgothenreich wurde im Jahre 555 zerstört, Italien eine
0 st r ö m i s ch e Provinz, Ravenna der Sitz des italienischen Ex¬
arch a t' s (Oberstatthalterschaft).
3. Langobarden in Italien. Um das Jahr 500 n. Ehr. wohnten die