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und als zerronnen das liebliche Bild,
da griff der Held zu Speer und Schild;
die Augen blitzten ihm sonnig klar,
im Winde wallte sein lockiges Haar,
er suchte das Bild von Land zu Land,
das leuchtend vor seiner Seele stand.
So kam er vor das kristallene Schloß,
er achtete nicht den Dienertroß
und schritt durch die drohenden, grollenden Reih'n
mit stolzen Schritten ins Schloß hinein.
Und als er trat in des Königs Gemach,
da rührte den Greis vor Schrecken der Schlag;
die Diener flohen in scheuer Hast,
der Jüngling stand allein im Palast.
Er schritt die kalten Hallen entlang,
er rief, doch seine Stimme verklang;
da fand er endlich ein Rämmerlein
und trat mit eilendem Schritt hinein.
Drin lag, dem bleichen Röslein gleich,
die schönste Jungfrau kalt und bleich.
Er trat zum Sarg und weinte vor Schmerz,
eine Träne fiel auf der Jungfrau herz,
da tat es nach manchem langen Tag
zum erstenmal einen leisen Schlag.
Er seufzte: „Ach, daß dich raubte der Tod!“
Und leise färbten die Wangen sich rot.
Er küßte die Lippen in schmerzlicher Lust,
da hob und senkte sich wogend die Brust.
Zwei Augen blickten lächelnd ihn an
und haben den himmel ihm aufgetan.
Nun trug er auf starken Armen hinaus
die Jungfrau aus dem verödeten Hhaus.
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