100 8. 65. Die französische Revolution,
redeten sie ihn rin, „Sie sind ein Verbrecher. Verrätherischer Weise
haben Sie das Vaterland verlasien wollen; Sie sind des Todes
schuldig!" Ludwig vertheidigte sich ruhig, wie cs einem Unschuldigen
natürlich und möglich ist, — aber das half nichts: er wurde zum
Tode verurtheilt. Doch hörte er mit Ergebung in Gott.s Wil¬
len sein schreckliches Urtheil, und als er 1793 den 21. Januar in
Paris guillotinirt wurde, da schied er mit einem ruhigen, vergebenden
Herzen aus einem Leben voll Mühe und Jammer.
Drei viertel Jahre später wurde auch die Königin, eine Tochter
des deutschen Kaisers, erst 37 Jahre alt, zum Tode verurtheilt, auf
einem schlechten Karren nach dem Nichtplatze gefahren, und ihr dort
das von Kummer graue Haupt abgeschlagen. Des Königs Schwester
wurde bald darnach gleichfalls hingerichtet, und der Sohn desselben,
noch ein Kind, zu einem harten, trunkenen Schuhmacher gethan, bet
dem er in Unrath fast vergmg, und bald nachher starb.
So traurig ging es allen Mitgliedern der Königsfamilie und
ihren Freunden, die im Lande geblieben waren; und schändliche
Bösewichter herrschten an ihrer Statt. Der schlimmste derselben
hieß Robespierre, und die Zeit seiner Regierung die Schreckens¬
periode, denn durch den Schreck hielt er sich das Volk unterwürfig,
und die Leute, die sich frei dünkten, gehorchten bange dem blut¬
dürstigen Tyrannen. Die Sonntage wurden nun abgeschafft, und
statt ihrer bestimmt, daß je den zehnten Tag das Volk sich ver¬
sammeln und das hohe Glück seiner Freiheit erwägen und gemein¬
schaftlich besprechen sollte. Endlich beschlossen die Bösewichter und
machten bekannt: „Es gibt keinen Gott, darum soll auch
keiner an gebetet werden! Die Vernunft allein ist unser Füh¬
rer, ist unsere Göttin!" Und ein liederliches Weibsbild wurde, als
Göttin der Vernunft aufgeputzt, im Triumphe durch die Straßen
geführt, und in der Kirche Aotro äams auf einen Altar von Rasen
gestellt. Vor ihr war ein Altar errichtet, und ein Priester opsirte
ihr darauf, und das tolle Volk knieete nieder und betete an. (Vor
mehreren Jahren soll diese Göttin arm, und bloß, und wahnsinnig
in einem Stalle in Italien gestorben sein.) Aber das währte nur
eine kurze Zeit, Robespierre merkie, daß er das Volk nicht bändigen
könne, wenn es nicht vor einem unsichtbaren höhern Wesen bange
wäre. Darum verordnte er: „Von nun an soll wieder ein Gott
sein, und in allen Kirchen von ihm gepredigt werden." Aber der
Herr im Himmel, deß er spottete, hatte chm und seinen Verbrechen
ein Zull gesetzt. Robespierre's frühere Helfershelfer hatten nicht
Lust, rhm zu gehorchen, sondern wollten lieber selber regieren. Und
da sie sich nun vor des Mächtigen Zorn und Blutdurst fürchteten,