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§. 73. Die neuen Erfindungen.
H. 73. Die neuen Erfindungen.
Die neueste Zeit ist sehr reich gewesen an vielfältigen, wichtigen Erfinduu-
gen, wodurch der Verkehr der Völker erleichtert, Kunst und Wissenschaft be¬
reichert, der Handel gehoben und das ganze Leben der Nationen zu einem Fort¬
schritte geführt wurde. Meistentheils gingen diese neuen Erfindungen zuerst von
Westen auS, von dem in Westen Europa's gelegenen England, oder noch weiter
von Nordamerika her. Amerika, daS Millionen von Auswanderern aus Europa,
namentlich aus Irland und auS Deutschland über den Occan hinüberzieht, und
auch mit durch sie ganz riesenhafte Fortschritte in Cultur und Industrie macht,
ist unS in manchen großen wichtigen Unternehmungen weit voraus und hat
bei neuen Erfindungen den Ton angegeben. Das neuentdeckte Gold in Cali-
fornien hilft ihm zu den großen Fortschritten wesentlich. Den vornehmsten
Platz unter den Erfindungen der Neuzeit nimmt ohne Zweifel die Anwen¬
dung der Dampfkraft, um ungeheure Maschinen zu treiben, ein. Wie
man im Fabrikwesen durch- Dampfmaschinen von fabelhafter Größe die
Kräfte von Pferden und Menschen, von Wasser und Wind tausendfältig ersetzt,
so hat man dieselbe Dampfkraft auch zu benutzen gewußt als fortbewegende
Kraft. Schon in den zwanziger Jahren unserers Jahrhunderts trieb man
Schiffe mit Dampf statt durch den Wind oder durch die armen Zugthiere.
ES vergingen aber noch Jahre darüber, bis man so weit kam, auch zu Reisen
und WaarentranSporten auf dem Lande die Dampfkraft zu benutzen, und
Wagen statt mit Pferden durch Dampfmaschinen, die man, so angebracht,
Lokomotiven nannte, ziehen oder treiben zu lassen. Dazu bedurfte es aber
gerader, ebener Wege, die mit eisernen Fahrglcisen belegt sind, und deshalb
Eisenbahnen heißen. Auf diesen läuft dann eine Reihe von 10 bis 20 und
mehr großen schweren Wagen mit 6 bis 8Rädern, gezogen durch eine Lokomotive,
mit solch' ungeheurer Geschwindigkeit, daß man eine Stunde in 10, oder wohl gar
in 7 Minuten zurücklegen kann. Die gewöhnliche Geschwindigkeit der Dampf-
züge in Deutschland ist 4 bis 6 Meilen in einer Stunde; in England und
Amerika fahren dieselben aber viel rascher. In unbegreiflich kurzer Zeit waren
nun alle Länder Europas mit Eisenbahnen durchschnitten und in unmittelbarste
Nähe rückten sich dadurch die fernsten Länder und Orte. Personen- und
Waarenverkehr wird so bedeutend erleichtert. Noch viel rascher, als der
Mensch selbst und das Weck seiner Hände, kann aber jetzt sein Wort, mit der
Geschwindigkeit des Blitzes, von einem Ort nach einem andern weit entfernten,
ja übers Meer, mitgetheilt werden durch die wundervolle Erfindung des
elektro-magnetischen Telegraphen. Die elektrische und die magnetische
Kraft hat man so sinnreich mit einander in Verbindung zu bringen und anzu¬
wenden gewußt, daß sich die Bewegung eines zwischen einem Bnchstabenkreise
angebrachten Zeigers durch einen nach fernen Orten hingeleiteten Eisendraht
fast in demselben Augenblick auch jenem dort befindlichen gleichen Zeiger mit-
theilt. Aus den einzelnen Buchstaben und Zeichen, aus denen der Zeiger ruhen
bleibt, liest man nun die Worte, die Sätze, die Gedanken, die man einander
mittheilen will. leicht zusammen. Diese großartige Erfindung, wodurch des
Menschen Gedanken und Rede nach wenigen Minuten viele hundert Meilen
weit vernommen und mitgetheilt werden kann, hat man jetzt dahin weiter
ausgebeutet, daß durch dieselbe elektro-magnetische Kraft die Worte und Sätze
gleich auch zu Papier gebracht werden. — Aber mit der raschen Bewegung
und Mittheilung auf der Erde ist der Mensch noch nicht zufrieden; er will
auch durch die Luft sich fortbewegen. Die Erfindung des Luftballons hat
man in «usern Tagen auch weiter ausgebildet, findet aber noch Schwierigkeiten