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I. Abschnitt.
Höhle oder der Schatten eines Baumes gewährte Obdach und verán-
lasste die Anlage von Hütten, welche mit Blattern und Baumzweigen
bedacht wurden. Der ausfallende Same der Pflanzen führte auf den
Ackerbau, und dadurch, dass sich einige Thiere furchtlos dem Menschen
näherten, wurde Gelegenheit zur Viehzucht gegeben. Denn die Milch
und das Fleisch dieser Thiere war wohlschmeckend und nahrhaft, und
ihre Felle lieferten schützende Decken. Die erste Waffe war ohne Zweifel
eine Keule und ein mit scharfen Steinen oder mit spitzen Thicrknochen
versehener Ast als Spieß. An die Enden cines biegsamen Astes befe¬
stigte man einen zusammengedrehten Darin und erhielt so ein Werkzeug
(den Bogen), fern hin zu treffen. Zugleich aber war dadurch ein musi¬
kalisches Instrument erfunden. Die Sage nennt Jubal als den Erfinder
der Saiteninstrumente*). Vom Sturme umgestürzte Bäume, oder wohl
auch vom Blitze zerschmetterte Felsen leiteten auf die Entdeckung der
Schätze des Innern der Erde, auf die glänzenden Metalle, welche man
mit Steinen hämmerte. Der zündende Blitzstrahl führte das Feuer auf
die Erde. Die Erhaltung und Bewahrung desselben übertrug man, als
man seine Brauchbarkeit erkannt hatte, eigens dazu angestellten Perso¬
nen (den Feuerpriestern). In Steppen nährte die Jagd und an den
Ufern der Flüsse und des Meeres der Fischfang. Ein schwimmender
Baumstamm führte auf die Erfindung des Kahnes, vermittelst dessen
man die Fischerei mit mehr Erfolg treiben konnte. Anfangs aß man die
Speisen roh. Doch kannten wohl schon Kain und Abel die Bereitung
der Speisen durch Feuer. Wenigstens lässt ihr Opfer dies vermuthen.
Das Leben im Freien, besonders das Hirtenleben, führte auf die Beob¬
achtung der veränderlichen Stellung der Gestirne, welche man für
Wesen höherer Macht hielt und desshalb fürchtete oder als Wohltbäter
verehrte. Auch nützliche oder gefürchtete Thiere wurden zu Sinnbil¬
dern des Göttlichen erhoben und als solche verehrt. Man brachte
ihnen Geschenke (Opfer), um sich ihre Gunst zu erwerben, oder dieselben
zu versöhnen, und sich so vor ihrer Rache sicher zu stellen.
Werfen wir einen Blick auf die Länder, die in diesem Zeiträume
hervortreten, so finden wir, dass Nordasien bis über den Tigris hinaus
und das Nilthal der hauptsächlichste Schauplatz der Begebenheiten ist.
Allein auch über die Grenzen der bezeichnten Länder hinaus reicht daS
geschichtliche Gebiet dieses Zeitraums, in Osten bis ans große Weltmeer
(China), in Süden bis an das indische Meer (Indien, Arabien), in
Westen über alle Länder an der Küste des Mittelmeeres bis zu den
Säulen des Herkules, und in Norden in nicht genau bestimmbare Be¬
grenzung. Außerdem erschallt Kunde von den Aethiopicrn, Scythen,
*) Bemerkenswertst ist es, dass auch nach der Mythologie der Griechen und Rö¬
mer die Erfindung des Bogens und die der Saiteninstrumente einer und dersel¬
ben Person, dem Apollo, zugeschrieben wird.