Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte

4:16 Dritter Zeitraum. III. Abschnitt. Culturzustände. § 
Mit der Buchdruckerkunst verwandt, und wahrscheinlich gleichzeitig 
mit ihr erfunden, ist die Kupfer st echerkun ft, deren Erfinder man 
nicht bestimmt zu nennen weiß. Denn nicht nur die Holländer (Israel 
von Mecheln oder Bocholt), sondern auch die Deutschen und die Ita¬ 
liener schreiben dieselbe einem ihrer Landsleute zu. Sie entstand aus 
dem Formenschneiden, und wurde in Deutschland zuerst von Martin 
Schön aus Kulmbach (starb 1486) ausgeübt, und von Wohlge¬ 
mutst und von Albrecht Dürer wesentlich vervollkommnet. — Die 
ersten Brillen fertigte man um 1290 in Italien (der Florentiner Salvino 
degli Armati), und die Brenn-, Fern- und Vergrößerungsgläser soll 
der Engländer Roger Baco erfunden haben. Die Polarität (Richtung 
des frei schwebenden Magnets nach dem Nord - und Südpole) entdeckte 
der Italiener Flavio Gioja oder Giri (Compass, 1302). 
Die bildenden Künste wurden durch die religiöse Begeisterung ge¬ 
weckt, und die Malerei vorzüglich in Italien vervollkommnet. Denn 
schon um 1200 hatte man in Venedig und später auch in andern Orten 
Italiens Malerschulen. (Glasmalerei trieb man weit früher.) Die 
Wiege dieser neuen Schule war Pisa, wo Cimabue (1240) alle seine 
Vorgänger übertraf. Später zeichneten sich aus: Leonhard da Vinci 
(gcb. 1444), der Baumeister Bramante, Pietro Perugino (geb. 1446) 
und dessen Schüler Raphael Sanzio von Urbino (geb. 1483). In 
Böhmen hatte man um 1348 und i» Breslau um 1450, später auch in 
Nürnberg Malerschulen. Von den Nürnberger» verdienen Hans Traut, 
Bäuerlein, Wohlgemutst und Albrecht Dürer (1471) Erwähnung. 
Für die Musik wirkte der Italiener Guido von Arezzo, welcher 1028 
daS Notensystem erfand. Die Dichtkunst wurde durch die deutschen 
Meistersänger zünftig. Die Baukunst stand in diesem Zeiträume auf 
ihrem höchsten Gipfel. Denn noch heute schauen wir die Werke jener 
Zeit mit Bewunderung an. 
Dieser Zeitraum wird mit Recht als einer der wichtigsten der 
Weltgeschichte betrachtet. Die Völker rieben sich an einander, und da¬ 
durch wurde so mancher geistige und politische Funken in das Dasein 
gerufen. Die Menschheit reifte zum Mannesalter heran. Die deutschen 
Stämme wurden durch arabische, griechische und römische Cultur ver¬ 
edelt, neue Länder entdeckt und mit europäischen Sitten, Gebräuchen 
und Religionsansichten bekannt gemacht, und für dieselben gewonnen. 
Aber überall zeigt sich waltend, eingreifend, fördernd und leitend die 
Hand der göttlichen Vorsehung, welche nichts untergehen lässt, bevor 
es nicht seine Bestimmung vollkommen erreicht hat.
	        
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