— 55 —
freiung geschehen war, trat er mit seinem Freunde Pelopidas an die Spitze
der Verwaltung.
Es war vorauszusehen, daß die Spartaner die Vertreibung ihrer Be-
satzung aus der Burg von Theben und die Befreiung der Stadt nicht ruhig
hingehen lassen würden. Sie boten deshalb ein mächtiges Heer auf und
zogen mit demselben gegen Theben. Die Thebaner rüsteten sich aber zur
tapfern Gegenwehr und zur Verteidigung ihrer neuerrungenen Freiheit. Auch
die Athener traten, voll Eifersucht gegen Sparta, auf die Seite der The-
baner und schickten Hülfstruppen. Alsbald rückte der spartanische König
Kleombrotos mit einem Heere von 11000 Mann in Boiotien ein, wogegen
das thebanische Heer nur 6000 Mann stark war. Bei dem Flecken Leuktra
trafen beide Heere auf einander. Epameinondas stand an der Spitze des
thebanischen Heeres, während sein Freund Pelopidas die heilige Schar,
eine besondere Abteilung thebanischer Jünglinge, befehligte, die sich durch
einen feierlichen Eid verbunden hatten zu siegen oder zu sterben. Des
Epameinondas Feldherrntalent bewährte sich in der glänzendsten Weise.
Um nicht von der größeren Zahl der Feinde überflügelt zu werden, stellte
er die Seinigen in einer schrägen Richtung gegen den Feind auf, so daß
das Heer in Form eines Keils gegen den Feind anrückte. So führte er
auf einen Punkt der feindlichen Schlachtordnung einen gewaltigen Stoß
aus, während der Feind feine ganze Macht nicht zugleich auf die Angrei-
senden wirken lassen konnte. Nun wurden die spartanischen Schlachtreihen
durchbrochen, ihr König niedergehauen, mit ihm 1400 seiner Getreuen.
Da wichen die Spartaner bestürzt zurück und suchten ihr Heil in der Flucht.
Durch diesen herrlichen Sieg gewann Theben das größte Ansehen in Grie¬
chenland, so daß Pelopidas im Norden sogar als Schiedsrichter austreten
und die Thronfolge in Makedonien ordnen konnte.
Wenn auch nicht Athen, so schlössen sich doch andere griechische Staaten
nach diesem Siege an Theben an, so daß Epameinondas mit einem sehr
starken Heere in Lakonien selbst eindringen konnte, welches seit 500 Jahren
keinen Feind gesehen hatte. Bei der großen Bestürzung der Spartaner
wurde die Stadt nur durch die Tapferkeit des greisen Königs Agesilaos
gerettet. Zur Schwächung der spartanischen Macht erklärte Epameinondas
die seit Jahrhunderten von den Spartanern unterjochten Messeitier für
frei, und diese benutzten die Gelegenheit freudig, um sich gegen die Spar¬
taner zu erheben. Letztere gerieten dadurch in solche Bedrängnis, daß sie
mit den Athenern ein Bündnis schlössen, wozu sich diese aus Eifersucht
gegen die Thebaner bereit finden ließen.
Trotz dieser glänzenden Thaten wurde Epameinondas bei seiner Rück-
kehr nach Theben von seinen Neidern auf den Tod angeklagt, weil er den
Oberbefehl 4 Monate länger behalten hatte, als das Gesetz gestattete. Statt
sich zu verteidigen, verlangte Epameinondas nur, daß man in das Todes-