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küssend den geliebten Mann und fragt: „Nun, bringst du einen
rechten Schah mit, Alter?" Da antwortete Schnorr lächelnd:
„Freilich, Mütterchen, Schätze, die du mir bewahren sollst." Der
Mutter nach stürmen aus dem Hause die sechs Knaben und das
kleine Mädchen und rufen, den Vater bei allen Rockzipfeln fassend:
„Hast du uns was recht Schönes mitgebracht?" Und er ant¬
wortet freundlich: „Ja, ihr Panduren, jedem ein Spielzeug aus
Hamburg, so groß wie ihr selber." Nun geht's an den bedeckten
Wagen, und heraus steigen, klettern, kriechen und buxzeln eins,
zwei, drei, vier, fünf, sechs Knaben und ein Mädchen, immer
eins kleiner als das andere, wie die Orgelpfeifen im Hause des
Herrn, aber schon nicht mehr so bleich und abgehärmt, sondern
munter und rotwangig. „Heisa, neue Spielkameraden!" rufen die
Kinder und ziehen fröhlich jeder den ihm entsprechenden kleinen
Mann ins Haus. Die kleine Marie aber geht auf das noch etwas
fern und scheu stehende Mädchen zu und lallt: „Komm nur;
ich habe eine Puppe für dich."
Die Mutter macht anfangs freilich große Augen bei der un¬
erwarteten Verdoppelung ihres Haushalts; aber ehe der Vater
noch auserzählt hat, hat sie das kleine Mädchen schon auf den
Armen und herzt und tröstet das nach der Mutter weinende
Kind. Alle wachsen und gedeihen, lernen tüchtig und lohnen die
Mühe der Pflegeeltern durch Geschicklichkeit, Anstelligkeit und gute
Aufführung. Alle wurden späterhin geachtete und wohlhabende
Leute, deren Nachkommen noch jetzt in Sachsen als reiche Kauf¬
leute leben; und es liest diese Geschichte vielleicht mancher, dessen
Ururgroßvater mit aus dem Wägelchen herausgeburzelt ist.
Die Nachkommen des wackern Schnorr leben auch noch, reich
an Tugend, Kunst und Geschicklichkeit; und obgleich ihr Ältervater
für wichtige, dem Staate geleistete Dienste von dem Kurfürsten
in den Adelsstand erhoben wurde, so haben doch weder dieser
noch jene sich jemals etwas darauf eingebildet, indem sie den
unsichtbaren Stern in der Brust höher achteten, als den sicht¬
baren auf dem Rock.
Diese Geschichte soll auch in einer alten sächsischen Chronik
stehen; ich aber habe sie aus dem Munde eines der jüngsten Nach¬
kommen des Schnorr, Julius Schnorr von Carolsfeld, meines
Freundes. Eotthilf Heinrich von Schubert.