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22. Von der Veredelung der Obstbäume.
22. Von der Veredelung der Obstbäume.
Wenn die kleinen aus Samen gezogenen Obstbäumchen zwei oder
drei Jahre alt ·geworden sind, kann man sie veredeln. Dies geschieht
dadurch, daß man einen jungen Zweig oder ein Blattauge von einem
guten Obstbaume in den jungen Baum einwachsen läßt. Alle anderen
Zweige schneidet man ab, damit die Krone des Baumes von dem
besseren Zweige auswächst.
Die Veredelung der Obstbäume kann auf mehrerlei Weise vor—
genommen werden. Sie ist nicht so künstlich, daß sie nicht selbst ein
Kind in kurzer Zeit erlernen könnte. Wir wollen hier nur das
Anschäften oder Kopulieren, das Pfropfen und das Okulieren
etwas näher beschreiben:
1. Das Kopülieren wendet man im Frühlinge an, bevor der
Baum Blätter bekommen hat. Es muß gerade zu der Zeit erfolgen, in
welcher der Saft in dem Baume aufzusteigen beginnt, daher gewöhnlich
in den Monaten März und April. Die Edelreiser schneidet man
ungefähr in der Größe von zwei Handlängen von guten Obstbäumen
ab. Es dürfen aber nur einjährige, kräftige Zweige dazu genommen
werden. Sie müssen abgeschnitten worden sein, bevor der Saft zu
steigen begonnen hat, also etwa im Dezember, Januar, spätestens
im Februar. Die CEdelreiser werden in feuchter Erde an schattigen,
frostfreien Orten aufbewahrt, bis sie ge—
braucht werden. Man wähle einen
Pfropfzweig aus, der dieselbe Dicke hat,
wie der Wildling oder der Stamm,
welcher veredelt werden soll. Letzteren
schneidet man eine Handlänge oberhalb
der Wurzel ab, jedoch in schräger Rich—
tung von unten nach oben. Der Schnitt
soll ungefähr 3 Centimeter lang sein.
An dem Pfropfzweige macht man von
oben nach unten einen ähnlichen Schnitt.
Derselbe muß so lang sein wie der
Schnitt am Stamme und wenigstens
auf einer Seite genau auf denselben
passen. Alsdann werden beide zusammen⸗
gesetzt. Zuletzt wird ein schmales Band
um sie gewunden, um sie fest aneinander
zu bringen. Die Figuren a und b der
Abbildung zeigen die schief abgeschnittenen
Flächen des Edelreises und des Wildlings.
Auf das umgebundene Band wird Pfropf⸗
wachs gestrichen, damit weder Luft, noch
Feuchtigkeit eindringen kann. Es lassen sich auch Bänder anwenden, die
vorher schon mit heißem Pfropfwachs bestrichen worden sind. Dasselbe kann
man sich über Feuer aus Wachs, Pech und Talg zusammenschmelzen.
Das Kopulieren. Das Pfropfen.