Full text: Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung

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Die neue Zeit. 
den indischen Ocean nach der malabarischen Küste segelte und Ln den Ha¬ 
fen von Calicut einfuhr. Hier gründeten die Portugiesen, unter schweren 
Kämpfen mit den Eingebornen, die ersten europäischen Handels-Niederlassun¬ 
gen, ein Unternehmen, das sie mit Ausdauer und Heldenmuth vollführten. 
Auf Vasco de Gama und Cab ral (der bei der Ueberfahrt Brasilien 
entdeckt und fürPortugal in Besitz genommen hatte) folgte der tapfere Almei- 
d a, der mehrere indische Fürsten zinspflichtig machte und sie zwang, die Anle¬ 
gung von Factoreien in ihren Hauptstädten zu dulden; und als dieser auf der 
Heimkehr von wilden Hottentotten erschlagen ward, erhielt Albuguerque, bei 
1310 welchem Heldensinn mit Weisheit gepaart war, die indische Statthalterschaft. 
Dieser eroberte Goa und machte es zum Hauptsitz der indischen Niederlassun¬ 
gen; er erstürmte Malacca, den Stapelplatz des hinterindischen Handels, 
brachte den Beherrscher von Ormuz im persischen Meerbusen zur Unterwerfung 
und machte EmannelS Namen geachtet und gefürchtet. Aber dieser lohnte dem 
Isis treuen Diener mit Undank; der Kummer darüber brach dem Helden das Herz. 
In den nächsten Jahrzehnten gründeten die Portugiesen Niederlassungen und 
Factoreien auf der Insel Ceylon und der Küste Koromandel und unter¬ 
warfen sich die gewürzreichen Moluk ken und Sundainseln; Lissabon 
wurde der Sitz des Welthandels; aber Eigennutz und Gewinnsucht erstickten 
bald in den Herzen der Portugiesen die edlern Regungen. 
§. 310. Der Entdeckungseifer, den die portugiesischen Unternehmungen 
geweckt, führte den kühnen Genuesen Christoph Colombo (Colon) aus 
den Gedanken, durch eine westliche Fahrt einen andern Weg nach dem geprie¬ 
senen Indien aufzufinden. Er theilte sein Vorhaben seiner Vaterstadt Genua 
mit und bat um Unterstützung; aber sowohl hier als bei den Portugiesen und 
Engländern wurde er abgewiesen. Zuletzt ließ sich Jsabella von Castilien 
in der Freude ihres Herzens über die glückliche Eroberung Gr an ad a 's (§.283.) 
bewegen, drei Schiffe auszurüsten und dem kühnen Seefahrer anzuvertrauen. 
Die Würde eines Groß-AdmiralS und Unterkönigs über alle zu entdeckenden 
Länder und Inseln nebst dem zehnten Theil der daraus zu hoffenden Einkünfte 
für sich und seine Nachkommen wurden ihm als Preis des Gelingens zugesagt. 
1492. Am 3. August verließ die kleine Flotte den andalusischen Seehafen Palos 
und fuhr an den can arischen Inseln vorbei immer westwärts. Die Furcht 
und Besorgniß der Schiffsmannschaft wuchs mit der Entfernung und ging end¬ 
lich in Murren und offene Empörung über. Schon drohte die Rotte dem hoch¬ 
herzigen Führer Tod und Verderben, wenn er nicht umkehre, als am 12. Oc- 
tober die Entdeckung der Insel Guanahani (fortan San Salvador genannt) 
ihn rettete. Sie fanden ein schönes fruchtbares und baumreiches Land mit 
nackten Wilden von kupferbrauner Farbe, die ohne allen Argwohn der Besitz¬ 
nahme ihres Landes im Namen des spanischen Herrscherpaares zusahen und 
ihre besten Güter gegen Flitter, Schellen und Spielwerk vertauschten; aber 
die erwarteten Schätze an Gold, Edelgestein und Perlen waren weder hiernach 
auf den beiden größernInseln Cuba und Hayti(Hispaniola, St.Domingo), 
die bald nachher entdeckt wurden, in der gehofften Fülle vorhanden. Dagegen 
waren sie entzückt über den üppigen Pflanzen- und Baumwuchs und das rei¬ 
zende Klima dieser Tropenländer, über den balsamischen Duft der Gewürzhaine 
und Blumenfelder, über die Pracht des nächtlichen Sternenhimmels in seiner 
leuchtenden Klarheit. Nachdem Columbus auf Hispa ni ola eine Colonie ge¬ 
gründet, kehrte er nach Spanien zurück und überbrachte nach einer gefahrvollen 
Ueberfahrt dem erstaunten Europa die Kunde von der fernen Wunderwelt, die 
in Folge des ursprünglichen Jrrthmns den Namen West in dien erhielt. —
	        
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