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Der nordische Krieg.
fiel und die Regierung seiner ehrgeizigen zweiten Gemahlin Elisabeth von
Parma und dem ränkevollen Italiener Alb eroni überließ. Durch Krieg und
Kabalen brachten diese beiden es dahin, daß Elisabeths ältester Sohn Karl
das Königreich Neapel und Sicilien, ihr zweiter Sohn Philipp das
Herzogthum Parma mit Piacenza und Guastalla erhielt. So bekamen diese
beiden Staaten b ourb onische Herrscher. Als Philipp V. kummervoll ins Ferdinand
Grab sank, folgte ihm sein Sohn Ferdinand VI., auf den des Vaters Gemüths- 17^-_
krankheit übergegangen, so daß er zuletzt in unheilbare Schwermuth versank und 1759.
nur bei Harfenspiel und Gesang, wie weiland König Saul, Erleichterung fand,
daher der Sänger Farinelli großen Einfluß bei Hofe gewann.
h. 417. England. In England erlangte unter den Königen des Georg i.
HausesHannover, Georg!., II. und III., die freie Verfassung des Landes ®
solche Festigkeit, daß die persönlichen Eigenschaften der Könige weniger Einfluß 1727-60.
auf den Gang der Begebenheiten übten. Die dem Parlamente verantwort- ^20.'
liche Regierung hatte vorzugsweise die Wohlfahrt deS Reichs und die Größe
der Nation im Auge, und wenn auch die beiden ersten Könige sich noch hie und
da eigenmächtige Eingriffe in die Staatsverwaltung erlaubten, so erstarkte doch
mehr und mehr das konstitutionelle Verfassungsleben, und mit der Freiheit und
der Herrschaft des Gesetzes nahm zugleich Handel, Gewerbsamkeit, Schifffahrt
und Wohlstand einen mächtigen Aufschwung. Im I. 1769 construirte der
Schotte James Watt die Dampfmaschine, die durch die Anwendung auf
Schiffe und Locomotive eine neue Periode des Weltverkehrs schuf; und um
dieselbe Zeit erfand nach jahrelangem Nachsinnen der Barbier Ar kw right den
Spinnstuhl und die Maschinenweberei für Wolle, Baumwolle und Flachö. nm unt
Unter Georg I., der sein Vertrauen wieder den Whigs zuwandte, versuchte 1717
Jakob (III.) Stuart mit Hülfe der mißvergnügten TorieS (Jakobiten) den
englischen Thron wieder zu erlangen, aber sein Unternehmen scheiterte und zog
seinen Anhängern schwere Verfolgungen zu. Aehnlich erging eS einem zweiten
Versuch, den Jakobs Sohn, Karl Eduard, unter Georg II. wagte. Mit fran- ms!
zösischer Hülfe landete er in Schottland, wo er bei den tapfern Hochländern
zahlreichen Anhang fand. Der anfängliche Erfolg ermuthigte ihn zu einem
Einfall in England. Bald jedoch verließ ihn das Glück. Die Schlacht v on27 ^
Culloden vernichtete für immerdie Hoffnung der Stuarts. Wie einst Karl II. i-46.n
(§. 394.) wurde Karl Eduard, auf dessen Kopf die englische Regierung
einen Preis gesetzt, von Freunden und Anhängern seines Hauses auf eine
wunderbare und romanhafte Weise gerettet. Gegen seine Anhänger wurde
furchtbar gewüthet; Hinrichtungen und Gütereinziehungen nahmen kein Ende;
von Edinburg bis London füllten sich die Gefängnisse mit Jakobiten.
2. Lart XII. von Schweden und Peter der Große von Rußland im
nordischen Lrieg (1700—1718).
h. 418. Schweden und Rußland. Im Anfang des achtzehnten Jahr¬
hunderts stand Schweden auf dem Höhepunkt seiner Macht. Durch die Klugheit
und Sparsamkeit Karls XI. war das Krongut vermehrt, die Staatskasse gefüllt
worden; Heer und Flotte befanden sich in gutem Zustand; die Küstenländer der
Ostsee mit den reichen Städten Wismar, Stralsund, Stettin, Riga und
Reval und mit den Ausflüssen der Weser, Oder, Düna und Newa waren
schwedisches Gebiet, und die Stelle, wo das heutige Petersburg steht, war eine sum¬
pfige Niederung auf schwedischem Grund und Boden. An Tapferkeit und Kriegs-
muth standen die Schweden keinem Volke nach. — Aber ein mächtiger Nachbar er-