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Geschichte der alten Welt.
Früchte und die geopferten Thiere, von der geringen Gabe eines Erstlings
bis zu der großen Opferfeier von hundert Stieren (Hekatombe), im Freun¬
deskreise verzehrten, indeß wilde oder halbcivilisirte Völker auf ihren Altären
Menschen schlachteten, um durch Blut den Groll der feindseligen Mächte (als
welche sie sich ihre Gottheiten dachten) zu versöhnen, und die phönizischen und
syrischen Stämme das Theuerste was sie besaßen, sogar ihre eigenen Kinder,
als Sühnopfer in die Arme eines glühenden Götzenbildes, Moloch, legten.
— War Anfangs das Götterbild nur das sinnliche Zeichen eines übersinnlichen
Begriffes oder einer unsichtbaren Kraft, so verlor sich mit der Zeit im Bewußt¬
sein der meisten Völker die höhere Bedeutung und sie zollten den leblosen Bild¬
nissen selbst Verehrung. Nur die Priester kannten den tiefem Sinn, allein sie
theilten ihn dem Volke nicht mit, sondern hüllten ihn in Geheimlehren und
bewahrten ihn als Sondergut ihres Standes. Ziz demselben Zweck erfanden
sie viele Sagen, Erzählungen und Fabeln von den Göttern, denen sie dienten,
kleideten sie in dichterische Formen und begründeten somit die Mythologie
oder Götterlehrej, worin die Thaten und Schicksale der verschiedenen Gotthei¬
ten und zugleich die Verhältnisse der Menschen zu denselben dargestellt sind,
aber nicht in klarer, verständlicher Sprache, sondern eingehüllt in räthselhafte
Andeutungen, allegorische Erzählungen und bilvliche Rede. Je mehr ein Volk
schöpferische Einbildungskraft besitzt und dem Göttlichen zugekehrt ist, desto
reicher ist seine Mythologie. In den heiligen Mythen spiegelt sich das innere
Leben jedes Volkes ab, daher sie auch eine reiche Quelle der Kunst und Poesie
geworden sind. Dienten die Göttersagen zur Erzeugung des Aberglaubens im
Volke, so war der feierliche Cultus mit seinen geheimnißvollen Ceremo-
nien und seinen sinnbildlichen (symbolischen) Gebräuchen in den
heiligen Räumen deö Tempels darauf berechnet, das Volk in Ehrfurcht und
heiliger Scheu zu erhalten; und um den Glauben an die Nähe und an das
Eingreifen der Gottheit in die menschlichen Angelegenheiten fester zu begrün¬
den, wurden angesehene Tempel und heilige Orte mit einem Orakel versehen,
wo das gläubige Volk in dunkeln, oft zweideutigen Aussprüchen Belehrung
über die Zukunft erlangen konnte. So wurde der menschliche Geist in seinem
Suchen nach der göttlichen Wahrheit irre geleitet und bald durch blendende
Cultusformen, bald durch todten Gesetzesdienst umstrickt.
A. Morgenländische Kölker.
1. Orientalisches Wesen.
§. 5. Asien, von seiner Lage Morgenland (Orient) genannt, ist
die Wiege des Menschengeschlechts. In den reizenden Gegenden des Hima-
lajah-Gebirgs, dessen Gipfel sich in den Wolken verlieren, sind die paradie¬
sischen Ursitze zu suchen. Im Morgenlande entstanden zuerst jene großen Staa¬
ten und Städte, von denen die andern Länder einen Theil ihrer bürgerlichen
Einrichtungen, ihres Religionswesens und ihrer Bildung überkamen und die
man daher Cultur-Staaten nennt; im Morgenlande, wo das Kameel,
„das Schiff der Wüstes lebt, gestaltete sich zuerst jener großartige Binnenhan¬
del, Karavanenhandel genannt, der auf den Gang menschlicher Bildung
so bedeutenden Einfluß geübt. Um nämlich die Beschwerden und Gefahren
weiter Reisen durch Gegenden, die noch wenig bekannt und häufig von räube¬
rischen Völkern bewohnt waren, leichter bestehen zu können, traten die morgen¬