Metadata: Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung

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C. Das Römerreich. 
sie Wohnsitze und ein kleines Eigenthum erhielten, aber nicht die Rechte der 
Altbürger theilten. Diese letztern führten von dem an den Namen Patrizier, 
indeß die neuen Ansiedler Plebejer genannt wurden. Den überwundenen Ge¬ 
meinden, die man nicht nach Rom verpflanzte, wurde gewöhnlich ein Drittel 
ihrer Feldmark abgenommen und in römische Bauerngüter umgeschaffen, wo- 
durch'das „Genre in lanv" Roms sehr zunahm. Ancus MartiuS legte auch 
die Hafenstadt Ostia an der Mündung der Tiber an. 
§. 97. Die drei letzten Könige Tarquinius d e r A l t e (Priscus), Ser¬ 
vius Tullius und Tarquinius der Stolze (Superbus) gehörten dem 
etruskischen Stamme an, wie aus ihren Bauwerken und aus der Verpflan¬ 
zung etruskischer Einrichtungen nach Rom hervorgeht. — Der ältere Tarqui- 
nius legte den Grund zu dem mächtigen Bau des Capitoliums, den sein Sohn Priscus 
Tarquinius Supecbus in des Vaters Sinn vollendete. Er bestand auS der c‘ 600' 
Burg und dem herrlichen Tempel. Ferner ließ er zur Reinigung der Stadt 
die Ungeheuern aus Quader erbauten Cloaken (unterirdische Canäle) anlegen 
und errichtete dieRennbahn (CircusMarimus) und den großen M arkt- 
platz (Forum). — Nach Tarquinius' Ermordung durch die Söhne seines 
Vorgängers gelangte sein Schwiegersohn Servius Tullius zur Regierung. Servius 
Dieser traf zwei folgenreiche Einrichtungen. Zuerst theilte er die Plebejer der cü55o. 
Stadt und Umgegend in 30 Tribus mit eigenen Vorstehern und Versamm¬ 
lungen; sodann theilte er sämmtliche Bewohner des Staats nach ihrem Ver¬ 
mögen (Census) in 5 Klassen und diese wieder in Centnrien behufs der 
Besteuerung, des Kriegsdienstes und der Abstimmung. Dadurch erhielten die 
Reichern größere Macht, aber auch die Verpflichtung, als Schwerbewaffnete 
auf eigene Kosten und ohne Sold den Kriegsdienst zu versehen. Eine sechste 
Klasse, welche die Proletarier d. h. den besitzlosen Pöbel umfaßte, war frei 
von Steuern und Kriegsdienst, aber auch ohne Macht im Staatswesen. Durch 
diese Einrichtungen, welche eine allmähliche Verschmelzung der Plebejer mit 
denPatriziergeschlechtern herbeiführen und demKönigthumeine breitere Grund¬ 
lage der Volksmacht unterbreiten sollten, zog sich Servius Tullius den Haß 
der Patrizier zu, daher er mit deren Beihülfe von seinem Eidam Tarquinius 
Superbuö ermordet wurde. Bekannt ist, wie die Gemahlin des Letzteren in 
der „Frevelgasse" über den Leichnam ihres eigenen ermordeten Vaters fuhr. ^ 
§. 98. Tarquinius der Stolze erweiterte die Gränzen des Staats durch ums"' 
glücklicheKriegemit den Latinern, die er zu einem Bund unter RomSOber-Sup^us 
leitung vereinigte; er führte das Capitolium zu Ende und ließ darin die 509. 
Sammlung alter Orakelsprüche, sibyllinische Bücher genannt, aufbewah¬ 
ren, er legte die ersten Kolonien im Lande der benachbarten Volsker an, um 
Roms Herrschaft weiter zu verbreiten. Aber ungeachtet dieser Verdienste lud er¬ 
den Haß der Patrizier auf sich, als er mit dem Gedanken umging, seine be¬ 
schränkte Königsmacht zu vergrößern. Seine Gewaltthätigkeiten gegen den 
Senat und die Patrizier, verbunden mit den drückenden Steuern und Frohn- 
diensten, womit er die Plebejer heimsuchte, erzeugten eine allgemeine Unzufrie¬ 
denheit, die zuletzt in Empörung überging, als in Rom bekannt wurde, daß die 
entehrende Frevelthat, die einer der Döhne des Königs an der tugendhaften 
Lueretia begangen, diese zum Selbstmord geführt habe. Zwei Verwandte des 
königlichen Hauses, L. Tarquinius Collatinus, der Gemahl der Lucretia, 
und Junius Brutus, schwuren über der Leiche der Gemordeten den Bund 
der Blutrache und riefen das Volk zur Freiheit und zur Vertilgung der tyran¬ 
nischen Herrschermacht auf. Auf die Nachricht von den Vorgängen in Rom 
eilte der König, der gerade die alte Seestadt Ardea belagerte, mit seinem
	        
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