Full text: Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung

C. Das Römerreich. 71 
Amt nieder. Die Ernennung geschah durch den Cónsul in stiller Mitternachts¬ 
stunde unter religiösen Gebräuchen. 
§. 100. Als alle Versuche des Tarquinius, seine Königswürde wieder zu 
erlangen, gescheitert waren, begab er sich nach Cu m ä in Unteritalien, wo er 
starb. Nun beherrschten die Patrizier den Staat und bedrückten die Plebejer 
durch ihre harten Schuldgesetze. Die Plebejer mußten von ihrem kleinen 
Eigenthum Grundsteuer entrichten und waren zum Kriegsdienst ohne 
Sold und mit Stellung der Waffen und Rüstung verpflichtet. Standen sie im 
Feld, so wurde daheim ihr Ackerland schlecht bestellt; Mißernten erzeugten Ver¬ 
armung, und um der augenblicklichen Noch zu entgehen, machten sie bei den 
reichen Patriziern Schulden. Wenn nun der Plebejer den hohen Zins (8—10 
Procent) nicht zur Stunde bezahlte, so wurde er mit Leib und Gut Eigenthum 
des Gläubigers, der ihn nebst seinen Kindern als Sclaven in die Fremde ver¬ 
kaufen oder bei sich als Knecht halten konnte. Als dieser Zustand zu drückend 
wurde und kein Gesetz den unglücklichen Schuldner gegen den hartherzigen 
Gläubiger schützte, da unternahmen die Plebejer die Auswanderung nach 
dem heiligen Berg, 1% Stunde von Rom, in der Absicht, daselbst eine neue 
Stadt zu gründen. Die Patrizier schickten den Menenius Agrippa an sie 
ab, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Dieser legte ihnen die Nachtheile eines 
solchen Zwistes ans Herz, indem er ihnen eine Fabel erzählte, wie einst die 
Glieder mit dem Magen gestritten hätten und dadurch der ganze Körper in 
Gefahr gekommen sei, und versprach ihnen Abstellung ihrer Beschwerden. Die 
Plebejer ließen sich bereden und erhielten nach ihrer Rückkehr Volkstribunen 
(Schirmvögte), anfangs fünf, dann zehn. Diese waren während ihres Amtes 
heilig und unverletzlich, durften gegen alle Senatsbeschlüsse und Consulsprüche, 
welche die Sache der Plebejer zu gefährden schienen, Einsprache thun (»Veto«) 
und konnten, wenn dieses nicht fruchtete, die Aushebung und Besteuerung ver¬ 
hindern. — Bald nachher brach eine Hungersnoth in Rom aus, und als end¬ 
lich Schiffe mit Getreide aus Sicilien ankamen, stellte der stolze Patrizier 
Marcius Coriolanus den Antrag, man solle den Plebejern nicht eher etwas 
davon aus den öffentlichen Vorrathshäusern verabreichen, bis sie in die Ab¬ 
schaffung der Volkstribunen gewilligt. Da sprachen die Plebejer in ihrer Ver¬ 
sammlung die Acht über ihn aus und nöthigten ihn zur Flucht. Rachedürstend 
begab er sich zu den Volskern und beredete sie, unter seiner Führung einen Ein¬ 
fall in das römische Gebiet zu machen. Schon waren sie verheerend bis zum 
fünften Meilenstein vorgedrungen, als es den vereinten Bitten der Mutter und 
Gattin des Feldherrn gelang, sein Gewissen zu rühren und ihn zum Rückzug 
zu bewegen. Aus Zorn darüber sollen ihn die Volsker erschlagen haben, be¬ 
hielten aber die eroberten Städte. 
b) Die Fabier. Cincinnatus. Die Decemvirn. 
tz. 101. Durch den Zwiespalt der Stände wurde Rom so geschwächt, daß 
die äußern Feinde eine Landstadt um die andere an sich rissen und das römische 
Gebiet schmälerten. Die Plebejer, deren Arm die Schlachten gewinnen mußte, 
hatten wenig Lust, ihr Blut zu verspritzen, um ihre Dränger mächtiger und 
reicher zu machen; sie ließen sich sogar freiwillig schlagen, wenn ein harter Pa¬ 
trizier ihr Anführer war. Solches geschah in einem Krieg gegen die Vejenter, 
wo ein Fabier den Oberbefehl führte. Diese Schmach ging der hochherzigen 
Familie der Fabier so nahe, daß sie von dem an ihre Gesinnung änderten, sich 
der Plebejer annahmen und dann insgesammt gegen die Vejenter zum Kampf 
493. 
494. 
49«.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.