Full text: Geschichte des deutschen Volkes

Die Leipziger Schlacht. § 669—672. 
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Verstärkungen. Napoleon dagegen erwartete vergebens seine Marschälle Marmont 
und Ney, die bereits von der bei Möckern angreifenden schlesischen Armee fest¬ 
gehalten wurden. Auch ein späterer Infanterie-Angriff scheiterte an den immer 
mehr anwachsenden Truppen der Alliirten. So endigte dies Gefecht von Wachau 
ohne Sieg für Napoleon. 
§ 670. Zur gleichen Stunde aber erlitten seine Marschälle eine Nieder¬ 
lage bei Möckern gegen Pork, der eben dadurch von der alliirten Armee bei 
Wachau ein mögliches Unheil abwandte. Napoleon erwartete die schlesische Armee 
sobald von dieser Seite nicht. Doch zog Blücher bereits von Halle heran, und 
während er selbst mit Sacken und Längeren sich mehr links wandte, zog Port 
mit seinen 'Preußen auf der geraden Straße über Schkeuditz auf Leipzig zu. 
Im Dorfe Möckern, unweit der Stadt, traf er ans Marmonts Corps, das eben 
von Napoleon Befehl erhalten, aus Wachau zu rücken; es zählte etwa 20,000 Mann. 
Pork, nur an Reiterei überlegen, griff es an, und es entspann sich nun um 
Möckern eins der heftigsten Dorfgefechte dieses Krieges; jedes Haus und jede 
Mauer ward zur Burg sowohl für die Stürmenden, wie die Vertheidigenden; 
lange schwankte auch hier der Kampf; endlich entschied ein Reiterangriff Aorks 
auf die Anhöhen links vom Dorf. Zwar war das wackere preußische Corps 
fast um die Hälfte zusammengeschmolzen: aber es hatte hier und zugleich in 
Wachau den Sieg entschieden, und nur Bernadotte's Zurückbleiben verschuldete 
es, daß nicht vielleicht schon an diese-m Tage Leipzig von der Nordseite her ge¬ 
nommen wurde. 
§ 671. Am 17. Oktober — es war ein Sonntag — ruhte die Kriegs¬ 
arbeit. Napoleon mußte eigentlich erkennen, daß die Schlacht schon gegen ihn 
entschieden sei; denn jede Stunde führte neue alliirte Truppen in den furcht¬ 
baren Kreis, der sich dichter und dichter um ihn und die Stadt Leipzig schloß. 
Hatte er am 16. mit gleichen Kräften nicht Herr werden können, wie sollte er¬ 
es jetzt gegen so überlegene? — Aber er hatte manchen Sieg in seinem Leben 
durch dreiste Unterhandlungen mitten in aufwachsenden Gefahren erfochten 
(8 551. § 570. ß 588.), er hoffte auch jetzt auf ähnliches Glück. Er sandte 
den gefangenen östreichischen General Merveldt an seinen Schwiegervater und 
bot nun die Zugeständnisse, die er in Dresden und Prag trotzig verschmäht 
hatte (tz 655.). Er hoffte den Kaiser Franz durch die Erinnerung an die 
Verwandtschaft und durch andere, doch zu schwache Lockungen von der Allianz 
zu trennen. Umsonst! — man würdigte ihn jetzt nicht einmal mehr einer 
Antwort. So ging ein kostbarer Tag für ihn verloren, während nun auch 
Blücher (der Einzige, der nicht ruhen konnte) vom Nordosten her bis näher an 
Leipzig herandraug, und selbst Bernadotte bereits im Anmarsch war. 
'8 672. Napoleon hatte am 18. Oktober, als dem entscheidenden Tage 
der Völkerschlacht von Leipzig, noch etwa 150,000 Mann gegen einen 
Feind, der auf 300,000 Mann angewachsen war. Schon Abends vorher, als 
die Antwort aus dem Lager Oestreichs ausblieb, hatte er die ersten leisen An¬ 
ordnungen zum Rückzuge getroffen. Aber rechtzeitig zu weichen, gab Verblendung 
oder Trotz dem eisernen Manne nicht zu. Seine Stellung hatte er zusammen¬ 
gezogen. Sie ging jetzt von der Pleiße auf Probstheyda, das in der Spitze 
des von seinen Truppen gebildeten Winkels lag, und im Bogen von da an das 
Nordende von Leipzig zurück. Gegen ihn drangen jetzt die Alliirten von allen 
Seiten an: wie ein Peletonfeuer ohne Pausen, ununterbrochen, rollte seit früh 
Morgens der Donner der schweren Geschütze. Wie einst auf den catalaunischen 
Gefilden (8 32.), standen von hüben und drüben „die Völker der ganzen Welt" 
zum furchtbaren Entscheidungskampf gegen einander! Während zwischen Elster
	        
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