Full text: Geschichte des deutschen Volkes

26 Theoderich d. Große. Rundblick. Neue Zustände d. Germanen. § 33—35. 
Augustulus, des Purpurs beraubte, und fortan als deutscher Heereskönig selbst- 
ständig in Italien gebot. So fiel durch die Deutschen das Weströmische Kaiser¬ 
reich, nachdem es schon zuvor alle seine Provinzen, Afrika, Spanien, Gallien, 
Britannien an sie verloren hatte. Dies geschah im Jahre 476. Man schließt 
mit diesem Ercigniß die alte Geschichte; für die deutsche Geschichte bildet es 
kaum einen Abschnitt. 
3. Theoderich der Große. Rundblick. Neue Zustände der 
Germanen. 
- § 34. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches betrachteten sich 
die oströmischen Kaiser, die in Constantinopel residirten, als die Erben, an die 
das ganze ehemalige Römerreich heimsallen müsse. Ihnen lag es daran, vor¬ 
läufig wenigstens den Schein einer Oberhoheit zu retten. Dazu bot der junge 
Ostgothenkönig Theoderich die Hand. Als nemlich Attila gestorben war, 
hatte seine Herrschaft sich aufgelöst, und die ihm folgenden Völker waren wieder 
selbstständig geworden. So auch die Ostgothen, die fortan in den Ebenen 
der untern Donau, in Mösien, als Nachbarn und Verbündete Ostroms wohnten. 
Einer ihrer Königssöhne, aus dem Geschlecht der Amüler, Theoderich, war 
selbst in Constantinopel gebildet, und ward, schon durch jugendliche Heldenthaien 
bewährt, bald nach dem Fall Westroms zum König aller Ostgothen erwählt. 
Ihn forderte der Kaiser auf zur Wicdereroberung Italiens, versah ihn mit dem 
Anführer- und Statthaltertitel *), und, wie in seinem Namen, in der Thal aber 
völlig selbstständig, zog Theoderich aus zur Eroberung Italiens gegen Odoaker 489. 
Es galt einen harten Kampf von Germanen gegen Germanen; Theoderich siegte 
zwar über Odoaker und zwang ihn zur Flucht in das feste Ravenna; aber 
dieser brach von hier wieder gegen die Gothen vor, lange schwankte das Kriegs¬ 
glück, bis zuletzt Theoderich, von Westgothen aus Gallien unterstützt, den Odoaker 
abermals an der Adda schlug, und nach dreijähriger Belagerung (493) Ravenna 
eroberte. Odoaker, der sich auf Vertrag ergeben, ward bald daraus mit seinen 
Blutsfreunden erschlagen. Nun legte Theoderich sein gothisches Gewand ab, 
nahm den römischen Purpur an, und gebot von Ravenna aus über Italien. 
Sein Ziel ging darauf hin, römische und gothische Weise zu verschmelzen und 
die verwüsteten Länder wieder emporzubringen. Schon Odoaker hatte in die 
menschenleeren Gegenden von den Alpen bis zur Donau Germanen gezogen; 
Theoderich folgte ihm in dieseni Verfahren, aber setzte dem hier neuentstehenden 
Volke, in welchem Reste der ehemaligen Heruler, Skiren mit den alten Marko¬ 
mannen verbunden waren, einen Herzog, der von ihm abhängig war. Man 
nannte dies Volk, das im alten Bojerlande wohnte, Bojoarier oder Baiern: 
sie zählen fortan als ein neuer deutscher Stamm. 
t § 35. Obwohl Theoderichs des Großen Regierung und Charakter 
nicht ohne Flecken war, wie später z. B. auch die Hinrichtung des edlen Boöthius 
bewies, herrschte er doch über Italien mit großer Weisheit und Gerechtigkeit, so 
daß selbst die römische Bevölkerung seine Zeit als eine goldene pries (489—526). 
Das befreundete, dem Schein nach sogar abhängige Verhältniß zu Ostrom behielt 
er bei. Aber allen germanischen Völkern galt er als der größte und gewaltigste 
ihrer Heerkönige, sein Rath ward fernehin gefordert und gehört, und als gerade 
während seiner Regierung Chlodwig mit seinen Franken Gallien unterwarf, fanden 
) NaAmtor militum uud ?atrieiu8.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.