18. Die revolutionären Bewegungen in Deutschland.
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aus diesen sechsmonatlichen Verhandlungen hervorgegangenen Be¬
schlüsse waren, theils Früheres bestätigend, theils Neues festsetzend,
im Wesentlichen folgende: in allen deutschen Bundesstaaten bleibt
die oberste Gewalt ungetheilt in der Person des Regenten vereinigt,
welcher nur bei einzelnen Negierungshandlungen an die Mitwirkung
der ständischen Versammlungen gebunden ist. — Die Stände dürfen
die Bewilligung der Steuern nicht an Bedingungen knüpfen, nicht
bestimmte Summen für vorkommende Ausgabeposten festsetzen, son¬
dern können das Budget nur im Allgemeinen aufstellen. In keinem
Falle können der Regierung die Mittel zur Erfüllung ihrer Bundes¬
pflichten verweigert werden. — Die Stünde dürfen nicht über die
Gültigkeit der Bundesbeschlüsse berathen oder sie gar verwerfen. —
Alle Verordnungen der Regierung haben für die Unterthanen ver¬
bindliche Kraft und hangen weder von der Einsprache der Gerichte
noch der Anerkennung der Stände ab. Um die unter solchen Um¬
ständen einzig möglichen Streitigkeiten, welche zwischen den Regie¬
rungen und Ständen sich erheben konnten, nämlich über den Betrag
der Steuern, zu schlichten, so weit diese rein innere Ausgaben zum
Zwecke hatten, ward ein Schiedsgericht eingesetzt. Dieses sollte aus
34 von sämmtlichen Bundesregierungen ernannten Mitgliedern be¬
stehen. Da die 34 von den Regierungen, ohne Zuziehung der
Stände, eingesetzt wurden, welche ersteren, wie sich von selbst ver¬
steht, nur ihre erklärten Anhänger zu einer solchen Stellung beriefen,
so mußte es diesem Schiedsgerichte an der nöthigen Unabhängigkeit
seiner Mitglieder fehlen. Die beschränkenden Preßgesetze wurden noch
verschärft, und unter Anderem festgesetzt, daß auch die Mittheilung
der ständischen Verhandlungen und der Geschwornengerichte der Cen-
sur unterliegen sollte. Diese Bestimmungen wurden von der Bun¬
desversammlung angenommen und auf sechs Jahre hinaus für alle
Bundesstaaten verbindlich erklärt. Die Beschlüsse der Wiener Con-
ferenz vollendeten die Maßregeln der Reaction, welche auf dem Mi-
nister-Congreß in Karlsbad (1819) begonnen hatten.
Eine neue Bewegung verursachte der hannöver'sche Verfas¬
sung s st reit. Wilhelm IV. von England, der zugleich über Hanno¬
ver herrschte, war am 20. Juni 1837 gestorben. Da in den
Stammlanden des guelfischen Hauses das salische Gesetz galt, so
ward Hannover von Großbritannien, wo die Krone an eine Frau
fiel, getrennt, und Ernst August, Herzog von Cumberland, ein Sohn
Georg's III. und Oheim der Königin Victoria, bestieg den hannö-
ver'schen Thron. Dieser war in England nicht nur, wie sein Bru¬
der Georg IV., unvolksthümlich, sondern sogar verhaßt. Er war
einer der Führer des Torysmns im Oberhause gewesen und darüber
mit seinen Brüdern Clarence und Sussex oft in Streit gerathen.
Aber selbst die Tories waren dem Herzoge von Cumberland nie
recht hold gewesen, da sie in ihm mehr einen Absolutisten als Ari¬
stokraten sehen wollten. Obgleich er sich in seiner Jugend, während