20. Die revolutionären Bewegungen in Italien.
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Werklein, entflohen war. Auch sie begab sich über Piacenza nach
Wien. Das feste St. Leo ergab sich an Sercognani und bald folgte
die wichtige Citadelle von Ancona diesem Beispiele, nachdem sich die
Stadt bereits früher für den Aufstand erklärt hatte. Schon dran¬
gen die Bürgertruppen bis Rieti und Civita Castellana und bedrohten
selbst die Hauptstadt Rom, in welcher der neue Papst alle Mittel
aufwendete, um die gährenden Massen in Ruhe zu halten. Zunächst
fehlte es aber an Geld und Truppen, um energisch auftreten zu
können, und vergebens strengte sich der neue Staatssecretär Bernetti
an, Beides herbeizuschaffen. Als nun auch Perugia sich erhoben,
Foligno, Spoleto und andere Städte mehr abgefallen waren, als die
zur Bewirkung einer Gegenrevolution abgesendeten Cardinäle entweder
unverrichteter Sache zurückkehrten, oder von den Insurgenten aufge¬
fangen und festgenommen wurden, da wußte das Cabinet des heiligen
Vaters kein anderes Mittel, als seine Blicke nach dem nahen Oester¬
reich zu richten, das ja immer als Beschützer der Legitimität und
Wiederherstellung der Ordnung sich bewährt hatte.
Die erste Versammlung der Abgeordneten der „Uroviueie uuite"
Italiens fand am 26. Februar zu Bologna Statt und proclamirte
einstimmig: 1) die völlige Emancipation der auf der Versammlung
repräsentirten Länder und Provinzen von der zeitlichen Herrschaft des
Papstes und 2) die vollkommene Vereinigung der genannten Länder
und Provinzen, so wie die Constituirung derselben in einen Staat,
eine Regierung, eine Familie. Ein Präsident -(G- Vincini), ein
Ministerrath und eine gesetzgebende Consulta wurden am 4. März
zur Führung der Föderativ-Verwaltung erwählt.
Kaum hatte der österreichische General-Feldzeugmeister Frimont
von den Bewegungen in Italien Kunde erhalten, als er auch sofort
dem Feldmarschall-Lieutenant Fürsten Bentheim Befehl ertheilte, sich
mit mehreren Regimentern marschfertig zu halten, „da die mit den italie¬
nischen Fürsten eingegangenen Verträge es der österreichischen Regierung
zur Pflicht machten, ihnen in gewissen Fällen ein bestimmtes Contingent
zuzuführen und ihre Gerechtsame zu schützen." In den ersten Tagen
des März langten die Befehle zum Einmarsch von Wien an, und
schon am 5. betrat die Vorhut des österreichischen Heeres unter dem
Befehle des Feldmarschall-Lieutenants Geppert das Herzogthum Modena,
nachdem sie bei Rovi ein kleines Gefecht mit den Bürgergarden be¬
standen hatte. Schon am 9. traf der Herzog wieder in seiner Haupt¬
stadt ein, aus welcher sich die revolutionären Behörden nach Bologna
geflüchtet hatten. Eine Militärcommission richtete über die hochver¬
räterische Unternehmung; die am meisten Compromittirten waren be¬
reits nebst einem Theile der Bürgergarden dem Beispiele der revolu¬
tionären Behörden gefolgt und nach dem Bolognesischen geflüchtet,
wo sie unter Anführung des früheren österreichischen Feldmarschall-
Lieutenants Zucchi noch einen Widerstand versuchen wollten. Aber
auch sie wurden (durch das Decret vom 6. März) entwaffnet, um