23. König Ludwig I. von Bcnern.
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sich auf dem Gebiete der Kunst sofort eine ganz außerordentliche
Thätigkeit, die nach einem lange durchdachten und gereiften Plan
sich nach drei Seiten hin bewegte: zur Sammlung von Alterthümern,
zur Anordnung der Denkmale der Malerei und Sculptur, zur Errich¬
tung monumentaler Bauten, in deren Entwürfen der Gedanke durch¬
brach, München gleichsam zu einer großen architektonischen Galerie
der charakteristischen Baustile aller Zeiten zu macheu. Die schon
1816 begonnene Glyptothek, das Meisterwerk des im Rückgang
auf die reinen Formen des Alterthums so ausgezeichneten Klenze,
nahte sich damals der Vollendung, um alle plastischen Künste: Ma¬
lerei (Fresken aus der griechischen Götter- und Heldensage von Cor¬
nelius u. A.), Sculptur und Baukunst im innigsten Verein erscheinen
zu lassen. Der Gedanke zu der Walhalla bei Regensburg war
noch früher, schon unter dem Fremdlingsjoche, gefaßt worden; sie
sollte ein National-Monument werden, dem später die Befreiungs¬
halle bei Kelheim zur Erinnerung an die Befreiungskriege zur Seite
rückte. Am ersten Geburtstage Raphael's, den der König auf dem
Throne erlebte (7. April 1826), ward der Grundstein zur Pinako¬
thek gelegt, deren eigentlichen nationalen Theil die alsbald erwor¬
bene Boisseree'sche Gemäldesammlung und das Schönste der Waller¬
steiner Galerie bildet (jene die altrheinische, diese die alte oberdeutsche
Malerschule vertretend). Roch in demselben Jahre wurde der Grund¬
stein gelegt zu der „durch ihre Reinheit zum Polykletischen Canon
gewordenen" byzantinischen Hofcapelle; es ward der Königs¬
bau als Erweiterung der königlichen Residenz in Angriff genom¬
men und den Fresken in den Arkaden des Hofgartens derselbe
Gedanke zu Grunde gelegt, wie später der Ruhmeshalle auf der
Theresienwiese, nämlich durch die Verherrlichung der Vorfahren bei
dem gegenwärtigen Geschlechts die Vaterlandsliebe zu erwecken. Da¬
neben beschäftigten den König großartige Kirchenbauten: eine Basi¬
lika mit Säulenhallen, die gothische Aukirche, die Ludwigskirche;
ferner ein Gebäude für die Akademie der Künste, ein neues Uni¬
versitätsgebäude, das Odeon, zwei Stadtthore, eins (das
Ludwigsthor) im Stil der römischen Triumphthore, ein anderes in
dem der Propyläen. Und während die Bauwerke eines Gärtner,
Ziebland, Ohlmüller aus dem Boden wuchsen, welche der allem Mo¬
nopol in der Kunst abgeneigte König an Klenze's Seite gestellt
hatte, um dem Wettkampf der Talente die Schranken zu öffnen: ent¬
standen, wie auf einen Zauberschlag, sofort in den verschiedenen
Schloßbauten (so wie in den neuen Kirchen) die Wandgemälde eines
Cornelius, H. Heß, Jul. Schnorr und des bald Alle an Fruchtbar¬
keit und genialer Erfindung überragenden Kaulbach, während zur
Ausführung der Sculpturen ein Thorwaldsen, Rauch, Schwanthaler
herangezogen wurden. Den hier versammelten, nebenbuhlerischen,
sich gegenseitig steigernden und stützenden Kräften hatte man zu
danken, daß enkaustische und Fresco-Malerei, Glasmalerei, Bronze-