51. Wilhelm I., König von Württemberg.
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im Februar 1848 von Frankreich über die deutschen Länder hin¬
brauste, auch hier die Gemüther. Der König sah sich genöthigt,
ein Ministerium aus „Sr. Majestät getreuer Opposition" zu bilden,
mit Römer, Pfizer, Duvernoy, Goppelt, Männern/ die er bisher
als seine entschiedensten Feinde angesehen. Er hinderte sie jedoch
nicht, den Wünschen seines Volkes gerecht zu werden: alle Erlasse
und Gesetze, die von der Paulskirche ausgingen, wurden als
für Württemberg rechtskräftig anerkannt, die Grundrechte schon
Ende December 1848 promulgirt, die Reichsverfassung nach kurzem
Sträuben angenommen, und Württemberg blieb zuletzt der einzige
Staat, der sie anerkannte. Das Frankfurter Rumpfparlament siedelte
daher nach Stuttgart über; aber die voil ihm hier eingesetzte provi¬
sorische Regentschaft ward auf den Befehl des Königs aufgehoben
(s. S. 384). Auf die späteren Unionspläne ging der König nicht
ein, sprach sich vielmehr in der Thronrede 1850 (ohne Vorwissen
seiner Minister) so energisch gegen jede Unterwerfung unter einen
Hohenzollern aus, daß darüber die diplomatischen Verbindungen zwi¬
schen Preußen und Württemberg abgebrochen wurden. So war er
denn auch ein hervorragender Theilnehmer an der gegen Preußens
Hegemonie gerichteten Zusammenkunft süddeutscher Monarchen in
Bregenz, im October 1850 (s. S. 388), und wie er in der Thron¬
rede erkärt hatte : „Ich unterwerfe mich keinem Hohenzollern", so rief
er hier: „Ich folge meinem Kaiser, wohin er mich ruft."
Zwei politische Lichtpunkte traten noch in den Abend seines Le¬
bens. Der eine war, als in den Septembertagen 1857 die beiden
Kaiser von Rußland und Frankreich das Hoflager des Nestors der
deutschen Fürsten wählten, um sich die Hand zu bieten. Napoleon
trug ihm damals die ganze Verehrung des jüngern vor dem greisen
Regenten, den er „bon père“ nannte, entgegen, und es war ein
stattlicher Anblick, als der ritterliche König zwischen seinen beiden
Gästen zu Pferde auf bem Volksfeste zu Cannstadt erschien. Obgleich
sich hier ein Freundschaftsbündniß zwischen beiden Monarchen schloß,
stand der König doch keinen Augenblick an, als die deutschen Gren¬
zen bedroht waren, die Mobilmachung der Armee aufs energischste
zu betreiben und für Deutschlands Ehre mit Wort und That einzu¬
treten. — Der letzte Lichtpunkt war der Besuch des Kaisers von
Oesterreich unb des Königs von Baiern. als sie zum Frankfurter
Fürstentage gingen und sich Rath bei ihm über das Reform-Project
(s. S. 468) holten, der sie nicht mehr begleiten konnte. Mit Freuden
begrüßte er den Gedanken der Bundesreform, die er sich freilich nicht
ohne Volksvertretung denken konnte. Der Abend seines Lebens, über
den er sich gern Illusionen hiugab, da er seinen Kräften mehr zu-
muthete, als sie zu leisten im Stande waren, blieb nicht ohne Zeug¬
nisse seines unermüdlichen Bemühens für das Glück seines Volkes,
und es bleibt merkwürdig, wie er seine Kreise enger und enger zog,
die Residenz zu seinem Wirkungskreise erlas und sich hier ein steinernes
Pütz, Histor. Darstell, u. Charakteristiken. IV. ZI