Full text: Die deutsche Geschichte für Schule und Haus

Zweiter Zeitraum. 
Von Carl dem Großen bis zu den Hohenstaufen 
768-1138. 
Erster Abschnitt: bis auf die sächsischen Könige —919. 
§. 40. Carl der Große 768-814. 
1. Pippin der Kleine hatte kurz vor seinem Tode sein Reich unter 
feine beiden Söhne Carl und Carlmann getheilt, welche nur drei Jahre 
gemeinsam regierten; denn schon im Jahre 772 starb Carlmann plötz¬ 
lich und die geistlichen und weltlichen Großen des südlichen Franken¬ 
reiches, welches Carlmann bis dahin beherrscht hatte, huldigten nun 
auch seinem Bruder Carl, während die beiden unmündigen Söhne Carl« 
mann's unberücksichtigt blieben. So wurde Carl alleiniger Beherr¬ 
scher der fränkischen Monarchie. 
2. Die erste bedeutende Unternehmung Carl's war der Krieg gegen 
die Sachsen, den er von seinem Vater gleichsam geerbt hatte. ^Obgleich 
nämlich derselbe mehrere Züge gegen sie unternommen und t ihnen so¬ 
gar einen Tribut aufgelegt hatte, so dauerten doch ihre Ein¬ 
fälle in's Frankenreich fort und alle Bekehrungsversuche der Glaubens¬ 
boten blieben ohne Erfolg. Da beschloß Carl das kriegerische Volk zu 
unterjochen und dem Christenthume zuzuführen. Im Jahre 772 begann 
der gewaltige Kampf, welcher mit geringen Unterbrechungen ein ganzes 
Menschenalter hindurch dauerte. Mit einer stets wachsenden Hartnak- 
kigkeit und Tapferkeit kämpfte das Volk der Sachsen für seine Religion 
und Unabhängigkeit. Wohl beugte es sich oftmals vor dem Schwerte 
des gewaltigen Frankenkönigs und gelobte Unterwerfung und Annahme 
des Christenthums; aber kaum hatte der Sieger ihr Land ver¬ 
lassen, dann mordeten die Sachsen die Glaubcnsboten, zerstörten die 
christlichen Kirchen und kehrten jubelnd in die Wälder zu den Altären 
der vaterländischen Götter zurück. 
Die Sachsen wohnten damals von der Elbe bis fast an den Rhein, und von der 
Eder und dem Thüringer Walde bis zur Nordsee. Sie zerfielen in drei Stämme, 
Westfalen (in dem westlichen Theile der preuß. Provinz Westfalen) Ostfalen (im 
Braunschweigischen und Hannoverschen) und Engern (in der Mitte jener beiden 
Stämme auf beiden Seiten der Weser). 
3. Den ersten Zua gegen die Sachsen unternahm Carl der Große, 
wie eben erwähnt ist, im Jahre 772 und eroberte gleich bei seinem Ein- 
rückeu in ihr Land die Hauptfestung derselben, die Eresburg, welche 
oben auf der steilen Bergesspitze stand, auf welcher sich jetzt die Kirche 
von Obermarsberg an der Diemel erhebt. Von Eresburg zog Carl 
weiter nach der Weser hin und traf auf diesem Zuge oben auf den 
waldbekränzten Höhen des Osning-Gebirges, jetzt Egge genannt, zwi¬ 
schen den heutigen Ortschaften Lichtenau, Wilbadesfen und Driburg, 
das Rational-Heiligthum der Sachsen, die hochberühmte Jrmensäule,
	        
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