Das deutsche Reich unter Arnulf von Cärnthcn.
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d) Neben diesem gründete Graf Rudolf, ein Nachkomme des Welfen
Conrad, des Bruders der Kaiserin Judith, das Königreich Hoch¬
soder transjurauisches) Burgund, welches Savoyen und die west¬
liche Schweiz umfaßte;
d) In Italien stritten Guido von Spoleto und Berengar,
Markgraf von Friaul, um die Herrschaft, und ließen sich beide
(dieser im I. 888, jener 889) zum Könige ausrusen.
So hatte sich das große Carolingische Reich in fünf Bestandtheile
aufgelöst, welche Anfangs alle den deutschen König als ihren Oberherrn
anerkannten und von denen die drei letztern später mit Deutschland
zu dem „heiligen römischen Reiche deutscher Nation" wieder vereinigt
wurden.
8. 49. Das deutsche Reich unter Arnulf von Cärnthcn 888—889.
1. Zur Zeit, als Arnulf die Negierung Dentschlands übernahm,
waren dessen Grenzen die Eider und die Nordsee im Norden, die
Schelde, Maas und die Vogesen im Westen, die Alpen im Süden, und
Mähren, Böhmen und die Slaven in Brandenburg und Mecklenburg
im Osten. Aber fast nach allen Seiten hin waren die Grenzen des
Reiches bedrohet; denn im Osten suchten die Slaven in dasselbe cin-
zudringen, im Norden und Westen breckcteu sich die Raubschaaren der
Normannen immer weiter aus. Arnulf zog das Schwert zuerst gegen
die Letztern, welche Herren der Länder zwischen Maas und Schelde,
sowie eines großen Thciles von Friesland waren, und in den durch
ihre Plünderungen ansgesogenen und fast wüste gelegten Gegenden un¬
gestraft hausten, da sie durch Carl's des Dicken Feigheit verwegener als
je geworden waren.
2. 'Nachdem Arnulf einen Zug über die Alpen unternommen und
den Guido von Spoleto gezwungen hatte, ihm den Lehnseid zu leisten,
rüstete er sich gegen die Normannen, welche mit einer furchtbaren Macht
in Lothringen eingefallen waren und an der Maas eine feste Stellung
eingenommen hatten. Aber das erste gegen sie ausgeschickte Heer wurde
geschlagen. Da rückte Arnulf selbst mit seinen deutschen Schaaren
heran. Die Feinde hatten sich bei Löwen an der Dyle zwischen Mo¬
rästen verschanzt und waren schwer anzugreifen. Arnulf ließ seine
Reiter von den Pferden steigen, ergriff selbst die Fahne und eilte den
Seinigen voran. Und nun wurde das Lager mit solchem Ungestüm
angegriffen, daß die Normannen thcits niedergchauen, theils in den
Fluß gesprengt wurden. Ihre beiden Fürsten, Gottfried und Siegfried
fanden den Tod, sechSzehn normannische Fahnen wurden erbeutet.
Durch diesen glänzenden Sieg, den Arnulf (891) bei Löwen erfocht,
wurde sein Ruhm so erhöhet und sein Name den Normannen so furcht¬
bar, daß sie von da an keine größere Einfälle mehr versuchten, sondern
nur noch kleinere Streifzüge unternahmen.
3. Kaum war die nordwestliche Grenze des Reiches einigermaßen
gesichert, als ein noch furchtbarerer Krieg an der Ostgrenze ausbrach.
Dort hatte nämlich der mährische Fürst Swatopluk (Zwcntibald) alle
Slavcnstämme von der Donau bis zu den Earpathcn hin seinem Sccp-
ter unterworfen Mit diesem mächtigen Herrscher hatte Arnulf, so
lange er Herzog von Cärnthcn war, stets in freundlichem Vernehmen
gestanden. Aber sc mächtiger Swatopluk wurde, desto anmaßender und
stolzer trat er auch dem deutschen Könige gegenüber auf. Da beschloß