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Friedrich I. zerstört Mailand.
auf Friedrichs Wink wurde er in Stücke zerschlagen nnd so das letzte Zeichen der
Macht Mailand'S vernichtet. Da erhob die zahlreiche Menge ein lautes Jammerge¬
schrei, stürzte zu Boden und flehte um Erbarmen. Kein Auge blieb thränenleer, in
tiefer Rührung standen die deutschen Fürsten, nur der Kaiser blieb unbewegt. Mit
geängstigtem Herzen kehrten die Mailänder in ihre Stadt zurück und harrten voll
Furcht des Looses, welches der Kaiser ihnen bereiten würde.
5. Darauf brach Friedrich von Mailand nach Pavia auf, um auf
einer Reichsversammlung Mailands Schicksal zu entscheiden. Hier gaben
die Abgeordneten der von Mailand bedrückten lombardischen Städte die Er¬
klärung ab, Mailand müsse zerstört werden, wie es selbst Lodi und Como
zerstört habe. Demgemäß wurde der Beschluß gefaßt: „Mailand soll wüst
und leer sein; alle Einwohner verlassen binnen acht Tagen die Stadt und
bauen sich in vier Flecken an, deren jeder zwei Meilen von dem andern
entfernt ist." Bald darauf erschien der Kaiser an der Spitze seines gan¬
zen Heeres vor den Thoren der unglücklichen Stadt, welche unter seinen
Augen zerstört wurde *). Doch traf die Zerstörung nur die Mauern, Grä¬
ben, Thürme und die Häuser und Wohnungen des Volks; die Kirchen
wurden gänzlich verschont, nnd auch andere aus Steinen errichtete Gebäude und
Kunstwerke aus älterer Zeit blieben in großer Zahl übrig; denn selbst die
heftigste Zerstörungswuth ermüdete endlich an der ungeheuren Größe der
Stadt und zum Feuer wollte man seine Zuflucht nicht nehmen, aus Furcht,
daß auch die Kirchen nieder brennen möchten.
In das Geschäft der Zerstörung theilten sich die Städte Lodi, Cremona, Pavia,
Como und andere Feinde der Mailänder mit großer Freude. Ueber den wüsten Bo¬
den zog man den Pflug und strcuete Salz in die Furchen, zum Zeichen, daß die Stadt
ewig eine Wüste bleiben sollte.
6. Nachdem Friedrich noch andere widerspenstige Städte in der Lom¬
bardei unterworfen und zur Niederreißung ihrer Mauern und Festungswerke
gezwungen hatte, kehrte er durch Burgund nach Deutschland zurück, wo
während seiner langen Abwesenheit viele Unordnungen vorgefallen waren.
Er bestrafte die Schulvigen, namentlich die Mainzer, welche ihren Erz¬
bischof Arnold ermordet hatten, durch Zerstörung ihrer Mauern und Wälle,
nnd traf überall zur Aufrechthaltung des Landfriedens sehr heilsame Vor¬
kehrungen. Allein schon im Herbste des I. 1163 sah er sich genöthigt,
zum dritten Male nach Italien zu ziehen, jedoch ohne Heer. Mailand'S
Strafe war zu hart gewesen und außerdem hatten die Gewaltthaten seiner
überall neu eingesetzten Beamten Unzufriedenheit und Erbitterung hervor¬
gerufen, selbst in den Städten, welche dem Kaiser ergeben waren. Dazu
beging Friedrich den Fehler, daß er nach dem Tode Victor's IV. (April
1164) die Gelegenheit nicht wahrnahm, sich mit Alexander III. auszusöh¬
nen, sondern vielmehr auf den Rath des Erzbischofs Rainald von Cöln
den neu gewählten Gegcnpapst Pascal III. anerkannte. Auf Betreiben Ve-
nedig's,^ das durch den griechischen Kaiser aufgercizt war, schlossen die
mächtigsten Städte der Lombardei zur Vertheidigung gegen die Gewalttha-
/ten der kaiserlichen Beamten einen Bund, den der Kaiser mit seinen gerin¬
gen Strcitkräften nicht zu trennen vermochte. Er kehrte daher, um sich zu
einem neuen Kampfe gegen seine Feinde in Italien zu rüsten, im Spätsom¬
mer des I. 1164 nach Deutschland zurück.
7. Hier waren wiederum mancherlei Unordnungen und Fehden wäh¬
rend seiner Abwesenheit vorgcfallen. Deshalb zog Friedrich durch das ganze
') Bei dieser Gelegenheit nahm der Erzbischof Rainald die Gebeine der h. drei
Könige aus Mailand mit sich nach Eöln, wo sie jetzt noch aufbewahrt und verehrt
werden.