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Die Westgothen in Spanien.
längere Zeit, bis sie, um 585 den Westgothen unterworfen, aufhörten,
als besonderes Volk in der Geschichte aufzutreten.
2. Das im I. 409 von Wallia gestiftete Westgothenreich war
nämlich unterdessen zu großer Macht und Bedeutung gelangt. Der zweite
König, Theodorich 1., hatte dasselbe befestigt und durch den Sieg über
die Hunnen auf den Eatalaunischen Feldern, wo er selbst fiel, den West¬
gothen großen Einfluß bei den übrigen Völkern errungen. Sein zweiter
Sohn, Theodorich II., welcher nach Thorismund (s. oben S. 64) den
Thron bestieg (453—466), war es, der die Sueven in den nordwest¬
lichen Winkel Spaniens zurückdrängte und einen bedeutenden Theil der
Halbinsel eroberte. Theodorich's Nachfolger, Ellrich (466—484), brei¬
tete das wcstgothische Reich noch weiter aus. In Frankreich eroberte
er die Provence, sowie alles Land bis an die Loire. Jenseits der Py¬
renäen unterwarf er alle noch nicht unterjochten Landstriche mit Aus¬
nahme Galliciens, welches den Sueven verblieb. Eurich's Sohn,
Alarich II., welcher mit einer Tochter des ostgothischen Königs Theo¬
dorich des Großen vermählt war, wurde von den Franken besiegt und
verlor in der Schlacht sein Leben, und wahrscheinlich würden damals
die Westgothen von den Franken völlig unterworfen worden sein, hätte
sich nicht Theodorich der Große seines Enkels Amalarich angenommen
und das westgothische Gebiet den Franken wieder entrissen. Spanien und
einen Theil Galliens verband er mit seinem Reiche; die übrigen westgothi-
schen Besitzungen verwaltete der Ostgothe Theudes für den minderjährigen
Amalarich. Als der letztere nach seines Großvaters Tode die Regie¬
rung übernommen und Spanien wieder mit seinem Reiche vereinigt
hatte, erlag er den Angriffen der Franken, und Theudes, der sich nach
Amalarich's Tode zum Könige der Westgothen auswarf, wurde nach der
Besetzung des westgothischen Reichs diesseits der Pyrenäen durch die
Franken im I. 531 genöthigt, seinen Sitz nach Spanien und zwar zu¬
nächst nach Barcellona, später nach Toledo zu verlegen.
'3. Seit dieser Zeit blieb das westgothische Reich, mit Ausnahme
eines unbedeutenden Landstriches im südlichen Gallien, auf Spanien
beschränkt. Um sich in seiner Herrschaft zu befestigen, ließ sich Theu-
dcs die königliche Würde von "den geistlichen und weltlichen Großen
förmlich übertragen und seit der Zeit blieb das Reich der Westgothen
ein Wahlreich bis zu seinem Untergange. Die Ungewißheit der Thron¬
folge führte nicht selten innere Unruhen und Bürgerkriege herbei und
diese waren die Veranlassung, daß endlich die Araber aus Afrika her¬
übergerufen wurden, von welchem die Westgothen im I. 711 hei Teres
de la Frontera besiegt und in die nördlichen Gebirge zurückgedrängt
wurden.
4. Viel früher, als das Reich der Westgothen, wurde das der Bur¬
gund er aufgelöst. Die Burgunder, durch dte Wanderungen der Alanen,
Vandalen und Sueven in Bewegung gesetzt (s. oben S. 59), erscheinen
im I. 412 in der Gegend von Mainz, auf beiden Ufern des Rheines,
aber in ihrem größeren Theile noch auf dem Ostufer in dem vorher
alamannischen Gebiete. In dem folgenden Jahre treten sie als Be¬
wohner des westlichen Rheinufers auf. Gegen zwanzig Jahre später
suchten sie ihr Gebiet weiter nach Westen hin auszudehnen, wurden
aber durch den römischen Feldherrn Aetius daran gehindert. Wenige
Jahre nach ihrer Niederlage durch die Hunnen (451) erhielten sie, es
ist unbekannt, aus welcher Veranlassung, neue Sitze am westlichen