Full text: Die Weltgeschichte für die Jugend bis auf die neuesten Zeiten

Zorn und Rachsucht sich verleiten lassen, harter zu stra¬ 
fen, als es die Beleidigung verdiente? Es galt am Ende 
also nur die Gewalt, oder das Recht des Stärker«, wie 
man's nennt; wer die größte Gewalt hakte, behielt das 
größte Recht. Die Menschen erkannten, daß sie sich 
insgesammt aufreiben würden, daß sie nie völlige Sicher¬ 
heit ihres Eigenthums tmt> ihres Lebens genießen wür¬ 
de!,, wenn jeder die Freiheit behielte, seiner Laune und 
seiner Leidenschaft zu folgen, und wenn nicht Anstalt 
getroffen werden könnte, die Gesetze mit Nachdruck zu 
handhaben. Traf es sich nun gar, daß eine kleine Men- 
schengeftllschaft von einer andern Schaar angegriffen 
wurde, so mußten vollends Alle fühlen, wie nothwendig 
es wäre, ihre Kräfte zu vereinigen und willig Einem zu 
folgen, der sie zur Abwehrung des Angriffs anführte. 
Auf diese Weift kamen die Menschen endlich dahin, sich 
einem Oberherrn zu unterwerfen, der Recht sprechen 
und jeden Friedensstörer bestrafen sollte, um Alle gegen 
Kränkungen zu schützen, und der bei Vertheidigung 
gegen fremde Feinde sich an die Spitze der Krieger stellte. 
So entstanden Staaten, das heißt Vereinigungen 
von Menschen unter einem Oberhaupts, das über die 
Gesetze wacht, Recht und Gerechtigkeit schützt und für 
die Sicherheit Aller sorgt. Ein viel gereiftter Grieche, 
Hcrodot war sein Nähme, erzählt eine Geschichte, die 
uns zeigen kann, wie einst Menschen dazu vermocht wur¬ 
den, sich einemOberherrn zu unterwerfen. Die Meder, 
ein kriegerisches Volk, nicht weit vom kaspischen Meere, 
machten sich frei von der Herrschaft der mächtigen assyri¬ 
schen Könige, und lange lebten sie ohne Oberherren, 
jeder nach seiner Willkühr. Aber es rissen bald Unord¬ 
nungen unter ihnen ein und die Gesetze hatten wenig 
Anfthn. Es war ein kluger Mann unter ihnen, Rah¬ 
mens Dejokes, der sehr geehrt war, aber heimlich die 
Absicht hatte, einst über Alle zu herrschen. Nie vergaß 
er seinen Zweck und handelte immer gerade und gerecht
	        
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