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Karthago war die des Barkas, sie auch war am meisten mit Haß
gegen Rom erfüllt. Um diesen auszuüben, trieben ihre tüchtigsten
Glieder eifrigst das Kriegshandwerk. Das Feldherrntalent war bei
ihnen gleichsam erblich. Sie hatten zuerst jenen Plan, die Land¬
macht Karthagos auszudehnen, entworfen und auszuführen begon¬
nen, hatten in Spanien eine Stadt, Neukarthago, gegründet, die
bald so emporblühete, daß sie der Mutterstadt >an Reichthum
gleichkam, hatten ihre Besitzungen nach und nach bis zum Ebro
ausgedehnt und strebten nun weiter. Allein die Römer hatten ih¬
nen vorgeschrieben, den Ebro nicht zu überschreiten und Sagunt
(jetzt Murviedro), eine griechische Coloniestadt, nicht anzugreifen. Da
wurde der bisherige Oberfeldherr aus jener Familie in Spanien er¬
mordet, und das Heer wählte den Hannibal, den Sohn des
Hamilkar Barkas, an seine Stelle. Als Knabe schon von neun
Jahren war er auf sein Bitten mit nach Spanien genommen, hatte
aber vorher am Altäre einen feierlichen Eid geschworen, niemals
der Römer Freund werden zu wollen. Er hat den Schwur gehal¬
ten. Glühender konnte Keiner die Römer Haffen. Jetzt, da er
Oberfeldherr wurde, war er erst 25 Jahre alt; allein er war schon
der Abgott seines Heeres, das in ihm des Vaters Ebenbild und
mehr noch verehrte. Freilich war er auch ein Feldherr recht nach
dem Herzen der Soldaten. Gegen sich hart und streng, stets keusch
und mäßig, geübt und gleichgültig bei Ertragung von Hunger,
Durst, Hitze, Kälte und andern Mühseligkeiten des Krieges; dabei
stolz und unbeugsam gegen den schwachen Feind, geschmeidig und
fügsam gegen die Übermacht, kühn und verwegen in Entwürfen
und Thaten, muthig im Unglück, mäßig im Glück, dabei grausam
und hart bis zur Unmenschlichkeit: so wollte ihn das Heer, so
musste er eine furchtbare Geißel für Rom werden.
Ohne erst eine Einwilligung dazu vom karthagischen Senate
abzuwarten (schwerlich auch wäre sie je gekommen, denn eine seiner
Familie feindliche mächtige Partei wollte Nichts von Krieg wissen),
griff Hannibal mit 150,WO Mann Sagunt an und eröffnete damit
den Kampf gegen Rom. Die Stadt vertbeidigte sich mit verzwei¬
felter Anstrengung, hinter der niedergeworfenen Mauer stand stets
wieder eine neue, erst als nach acht Monaten auch die Burg ge-