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liches Wesen und ihre Freundlichkeit, so daß alle Leute sagten:
„Irmgard wird einmal die schönste Jungfrau im ganzen Lande."
Nun hatte Graf Adolf auch einen treuen Freund, der in jeder
Schlacht an seiner Seite kämpfte. Es war Walram von Lim-
bürg. Dieser nannte ein herziges Söhnlein namens Heinrich
sein eigen. So oft nun die beiden Freunde, sei es nach hartem
Kampfe, sei es nach fröhlicher Jagd, plaudernd zusammensaßen,
erzählten sie auch allerlei Liebliches und Heiteres von ihren
Kindern, und es wurde von den beiden Vätern fest beschlossen,
aus Heinrich und Irmgard solle einmal Mann und Frau werden.
So wußte es Irmgard schon in zarter Jugend nicht anders, als
daß Heinrich von Limburg ihr Verlobter sei, und Heinrich be-
trachtete Irmgard schon frühzeitig als seine Braut.
Indessen wuchs Irmgard zu einer blühenden Jungfrau
heran, während Heinrich von Limburg bald als stattlicher und
tapferer Rittersmann in der ganzen Gegend gerühmt wurde.
Heinrich hatte Irmgards Schönheit und Tugend so oft loben
hören, daß in ihm das sehnliche Verlangen entstand, sie einmal
von Angesicht zu sehen. Doch durfte er nach dem Willen des
Vaters sich noch nicht zu erkennen geben, und deshalb nahm
er einen fremden Namen an. Er nannte sich Ritter von Rosen,
schmückte sein Wappen mit einer Rose und entfernte daraus den
Limburger Löwen. So begab er sich nach Schloß Neuenburg
an der Wupper, wo seine Braut unter väterlichem Schutze weilte.
Wieviel Ritter Heinrich auch von Irmgards Schönheit und
Tugend gehört haben mochte, so hold, so lieblich, so gütig hatte
er sich die Jungfrau nicht gedacht, und sofort war es ihm klar:
„Tie Jungfrau habe ich über alles lieb." Auch Irmgard fühlte,
sobald sie dem Manne ins Auge geschaut, daß sie diesen „Ritter
von Rosen" von Herzen liebe. Aber zugleich erfüllte sie tiefer
Schmerz; denn nach des Vaters Wunsch war sie ja die Verlobte
Heinrichs von Limburg.
Tage der Freude und des stillen Glückes verlebte der fremde
Ritter auf der Neuenburg. In einer frühen Morgenstunde trat
er einmal in den Burggarten. Es war ein herrlicher Frühlings-
morgen. Vielfarbig erglänzten die Tautropfen in den Sonnen-
strahlen. Doch Irmgard überstrahlte alles durch ihre Schönheit
und Anmut. Selbst einer Rose gleichend, stand sie an einem
Blumenbeet, den Blick sinnend in die Ferne gerichtet. Ihre Hand
hielt eine eben erblühte Rose. So erblickte sie der „Ritter von