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72. Dret Sabeln. 
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meine Herrschaft ist eben an der Tafel, und es dürfte schwerlich heute eine 
passende Zeit zum Empfang sich finden. Kommt lieber einmal in der Woche 
hierher, dann wollen wir sehen, was zu tun ist.“ — „In der Woche,“ sagt mein 
Gottlieb, „kann ich nicht, denn ich bin ein Handwerksgeselle und arbeite ums 
tägliche Brot.“ — „Wenn das ist,“ sagte der Alte, „so tätet Ihr am besten, Ir 
sagtet Euer Anliegen mir, und ich berichte es meinem Herrn.“ — „Nun gut,“ 
antwortete mein Gottlieb, „so sagt Eurem Herrn, wenn er der Offizier sei, der 
vor Jahren beim Maurermeister Heimlicher zu Basel im Quartier gelegen habe, 
so wäre der Sohn des alten Heimlicher hier und bringe Gruß von Vater und 
Mutter und lasse in deren Auftrag fragen, wie sich der Herr von Kunowoki 
befinde.“ — „Steht's so?“ sagt der Alte und sieht meinen Gottlieb mit gar 
freundlicher Miene an, „dann darf ich nicht zögern, Euch zu melden; wartet 
nur eine Minute!“ 
Die Minute ist kaum vergangen, da wird's auf der Treppe lebendig. Es 
kommt vor dem Bedienten ein Herr die Stiegen herab, mehr stürzend als gehend, 
und hinter ihm her eine Dame, die nahmen meinen Gottlieb an beiden Händen 
und führten ihn in den Speisesaal, setzten ihn zwischen sich und liebkosten ihn 
wie einen alten Freund. Und da sie merken, daß der Sohn des alten Heim— 
licher nichts begehrt und braucht, was Geldes wert ist, so laden sie ihn ein, 
sonntäglich mit ihnen zu speisen, und haben ihm viel Liebe angetan, solange er 
in Berlin arbeitete. 
Und die Dankbarkeit des reichen Mannes,“ sagte der alte Heimlicher, 
„hat mich hoch erfreut und mir reichlich die gehabte Mühe vergolten. Darum 
sag' ich,“ fuhr er fort, „die Dankbarkeit mag ein selten Kräutlein sein, aber 
wer sie findet auf seinem Lebenswege wie ich, der wird damit dankbar, beides, 
gegen Gott und gegen Menschen.“ Otto Glaubrecht Gudolf Oser). 
72. Drei Fabeln. 
Der Rabe bemerkte, daß der Adler ganze dreißig Tage über seinen Eiern 
brütete. „Und daher kommt es, ohne Zweifel“, sprach er, „daß die Jungen 
des Adlers so allsehend und stark werden. Gut! das will ich auch tun.“ 
Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage über seinen 
Eiern; aber noch hat er nichts als elende Raben ausgebrütet. 
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Cinst sprach der Pfau zur Henne: „Sieh einmal, wie hochmütig und ueßn 
dein Hahn einhertritt! Und doch sagen die Menschen nicht: „Der stolze Hahn! 
sondern nur immer: „Der stolze Pfau!“