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gekleidet und verzweifle oft, ihre Hartnäckigkeit zu besiegen und die
Bosheit ihrer Herzen auszurotten. Man stelle mich also nicht
mehr als einen grausamen Tyrannen vor, ohne die Umstände zu
kennen, die gebieterisch eingewirkt haben."
Nur noch einen Feldzug unternahm Peter gegen Persien; er
eroberte mehrere bedeutende Landschaften, durfte sich aber nicht wei¬
ter ausdehnen, wenn er nicht in einen Krieg mit den damals noch
kräftigen Türken verwickelt werden wollte. Dann krönte er 1724
selbst feierlich seine Gemahlin zur Kaiserin, ohne sie aber ausdrück¬
lich zur Nachfolgerin zu bestimmen. Seine Gesundheit war durch
die vielen Anstrengungen und durch ein regelloses Leben zerstört.
Bei der feierlichen Wafferweihe am Epiphaniastage zog er sich eine
Erkältung zu, und nach langen entsetzlichen Schmerzen starb er am
8. Febr. 1725 im 53. Jahre seines Lebens. Er hatte über die
Nachfolge bestimmen wollen, aber nur die Worte: „Gebet Alles
an" — schreiben können. Indessen noch am Todestage wurde die
Frage entschieden und seine Gemahlin Katharina I. als Kaiserin
ausgerufen.
Zwar war die Bildung, welche Peter seinem rohen Russen¬
volke zu geben bemüht gewesen, nur ganz äußerlich und oberfläch¬
lich, wie es am Ende jede seyn muß, die nicht aus der inneren
Eigenthümlichkeit eines Volkes und aus freiwilligem Streben her¬
vorgeht; jedoch die politische Aufgabe seines Lebens für sein Land
hatte er vollständig gelöst, er hatte Rußland zu einer stimmgeben¬
den Großmacht Europa's erhoben und hatte den bedeutenden Ein¬
fluß, den es nach und nach immer mehr auf die Angelegenheiten
der übrigen Staaten gewonnen hat, begründet und sich dadurch
gerechte Ansprüche auf den Namen „des Großen" erworben.
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Friedrich der Große.
„Friedrich I. hat durch die Annahme der Krone einen Keim
des Ehrtriebes in seine Nachkommenschaft gelegt, der früher oder