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Von den verschiedenen christlichen Neligionspar-
teien und Secten in der abendländischen
(occidentalischen, lateinischen) und in der
morgenländischen (orientalischen) christlichen
Kirche.
Unter den heutigen Bekennern des Christenthums
in der abendländischen Kirche zeichne,> sich vorzüglich
folgende R e li g i o s p a r te i en und Secten ans, die theils
schon vor der Reformation gewesen, theils ans und nach der¬
selben anfqekommen sind: 1) die sogenannte katholische
Kirche; 2) die Lutheraner; 3) die Re form ir ten; 4)
die bischöfliche nnd pr es b yt e ri anisch e Kirche in Eng¬
land und Schottland; 5) die Anabaptisten, Wieder¬
täufer, auch Menno niten genannt; 6) die So ein inner
oder Unitarier, auch Antitrinitarier nnd neue Aria¬
ner genannt; 7) die Arminian er oder R e m vnstranten;
8) die Quäker; 9) die Pietisten; 10) die Herrnhuter,
auch evangelische Brüder gemeine genannt; 11) die
Methodisten n. s. w.
Zn den abendländischen Christen rechnet man die¬
jenigen, welche in Europa — Rußland und die europäische
Türkei ausgenommen — nnd in Amerika wohnen.
Die katholische (apostolische nnd römische) Kirche
unterscheidet sich am meisten durch folgende Lehrsätze und
Gebräuche: 1) sie erkennt den römischen Bischof als Pabst,
als das sichtbare, höchste, untrügliche Glaubens-Ober¬
haupt der christlichen Kirche, als den Nachfolger des Apo¬
stels Petrus nnd den Stellvertreter Jesu ans Erden,
und sie räumt ihm ein uneingeschränktes An sehn in An¬
gelegenheiten des Glaubens und der Kirche ein — daher be¬
hauptet sie: a) daß außerhalb der Gemeinschaft mit dem rö¬
mischen Bischöfe (Pabst) keine Kirche sey; h) daß außerhalb
der Gemeinschaft mit dem Pabste keine Seligkeit zu erlan¬
gen sey, sondern Jeder verdammt werde; c) daß die Ketzerei
nicht geduldet werden könne, sondern ansgerollet werden müsse,
und daß daher das Verlangen, dcn Evangelischen (Prote¬
stanten) gleiche Rechte mit den Katholiken rn geben, eine
Beleidigung der Würde der römischen Kirche' sey. 2) Sie
hält, außer der Bibel, die Tradition und die Entschei¬
dungen des Pabstes, der Bischöfe nnd der Kirchen¬
versammlungen für nothwendig, um Wahrheit und Ein¬
heit des Glaubens zu erhalten, und sie gestattet eben daher