Friedrich der Sanstmüthige.
91
welcher am Hof erzogen ward und mit Albert in demselben Bette
schlief. Als sie denselben herab in den Hof brachten, führte ihn Kunz,
den Mißgriff sogleich wahrnehmend, zurück, um dafür den Prinzen
Albert zu holen. Inzwischen war die unglückliche Mutter Marga¬
retha erwacht. Die Riegel vor der Thüre behinderten sie, ihren theu-
ren Kindern zu Hülfe zu kommen. Da rief sie flehentlich zu Kunz,
den sie erkannt hatte, durch's Fenster herab um ihre Kinder und that
ihm die größten Versprechungen; aber umsonst. Kunz, für Alles
taub, eilte mit seinem Raube und seinen Räubern in die dunkle
Nacht hinaus.
Kunz, welcher den jüngern Prinzen Albert zu sich genommen,
eilte, von seinem Knappen Schweinitz begleitet, auf dem geraden
Wege nach Böhmen durch das Erzgebirge zu, während Mosen und
Schönfels mit Ernst auf einem Umwege über Zwickau durch das
Voigt- und Frankenland dahin gelangen sollten. Diese Theilung ge¬
schah, um alles Aufsehen zu vermeiden und das Gelingen des hinter¬
listigen Unternehmens desto eher zu sichern. Kaum war die beispiellose
Unthat geschehen, so flogen Eilboten zum Kurfürsten nach Leipzig,
und dieser verordnete unverzüglich, daß allenthalben Sturm geläutet
würde, und ließ außerdem nach allen Richtungen hin auf fliegenden
Rossen Späher aussenden. Bei der Glut der Sonne des achten Juli
und dem eiligen Ritte waren Roß und Mann etwas ermüdet, auch
klagte Prinz Albert in Kunzen's Geleite über brennenden Durst.
Als man daher auf Neben- und Waldwegen bis in die Gegend von
Elterlein und Grünhain gekommen war, ließ Kunz im dichten Walde
absitzen und gestattete dem Prinzen, sich Erdbeeren zu suchen. Kunz
streckte sich auf's Moos tlnd glaubte sich sicher. Doch die Vorsehung
wachte. Der Prinz fand einen Köhler, Georg Schmidt, der in der
Nähe seine Meiler hatte, und entdeckte sich ihm. Da ging der Köhler
mit seinem Schürbaum auf den am Boden gelagerten Kunz los und
versetzte ihm tüchtige Schläge, nahm ihn zuletzt, da sein Weib die
übrigen Köhler hcrbeigerufen hatte, sammt seinem Knappen gefangen
und fesselte dieselben mit Stricken und Baumseilen. Hierauf brachten
die Köhler den Prinzen sammt den Räubern nach Grünhain zum Abte
des dortigen Klosters, Liborius. Dieser entsandte den mit Speise
und Trank erquickten Prinzen unter Bedeckung bewaffneter Knechte
und der wackeren Köhler zu den bekümmerten Aeltern; den Räuber Kunz
und seinen Knappen aber ließ er unter scharfer Wache an den kur¬
fürstlichen Voigt zu Zwickau abliefern. Die Köhler brachten den
Prinzen wie im Triumphzuge nach Altenburg zu den hocherfreuten
Aeltern, und der bescheidene Georg Schmidt bat sich, aufgefordert,
keine größere Gnade aus, als in jenem Walde, wo er den theuren
Prinzen gerettet, frei Kohlen brennen zu dürfen. Der Kurfürst gewährte
ihm dieß gern und schenkte ihm zugleich ein Freigut zu Eckartsbach
bei Zwickau sammt einer jährlichen Gctrcidercnte aus dem Amte
*) Es war dicß an dem davon sogenannten Fnrstenberge, woselbst die Bewohner der
Umgegend im I. 1822 zum Andenken an jene Begebenheit ein Denkmal errichteten.