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Christian II.
Gaben vorsichtiger zu Werke ging. Ueberhaupt zürnte er durchaus
nicht, wenn ihm Erinnerungen zugingen, namentlich nahm er solche
sehr dankbar von seinem Hofpredigcr an, wie er denn überhaupt recht¬
schaffene Geistliche sehr hoch schätzte. Auch wird von ihm bemerkt, daß
er die Predigten fleißig und mit Andacht gehört, und, wie hinzugefügt
wird, „stehend, mit offenem (unbedecktem) Haupte, gefaltenen Händen
und. Vergießung vieler Thränen." Noch wird von ihm berichtet, daß
er einst, als er seufzend und nachdenklich auf dem Bette gelegen, und
sein Kammerjunker nach der Ursache seines Seufzens gefragt, das
demüthige Selbftbekenntniß abgelegt habe: „Ich betrachte jetzt mit Weh-
muth, wie ich meine Jugend zum Studiren nicht recht angewendet,
und darum jetzt mit fremden Augen und Ohren sehen und hören, auch
mit fremdem Munde reden muß. Solches betrübt mich jetzt herzlich!"
Schließlich sei noch bemerkt, daß hauptsächlich unser Kurfürst Ehri-
stian II. es war, welcher den Kaiser Rudolph II. bewog, daß er den
Protestanten in Böhmen (böhmische Brüder genannt), welche neun
Zehntheile der Bevölkerung des Königreichs ausmachten, in einer be¬
sonderen Urkunde („der Majestätsbrief" genannt), welche derselbe
am 9. Juli 1609 ausstellte, vollständige Religionsfreiheit und völlig
gleiche Rechte mit der katholischen Kirche zugestand. Aus Freude über
dieses Ereigniß ordnete unser Kurfürst die Feier eines Dankfestes in
allen Kirchen Sachsens an.
Kurfürst Christian II. hatte das 28. Lebensjahr noch nicht
vollendet, als er schon am Ziele seines Erdenlebens stand und durch
einen schnellen Tod von hinnen schied. Er hatte nämlich an einem
den 23. Juni 1611 veranstalteten Ringrennen Theil genommen und
sich bei seiner Wohlbclcibtheit dadurch sehr erhitzt. Um sich zu erfri¬
schen, ließ er sich einen Trunk kalten Bieres reichen, welcher jedenfalls
tödtlich für ihn wurde. Denn als er auf den Abend dieses Tages bei
dem Kammerrath von Berbisdorf speisete, ward er plötzlich vom
Schlage gerührt, in dessen Folge er nach drei Stunden auf dem Schlosse,
wohin man ihn eiligst gebracht hatte, unter Gebet und Seufzer verschied.
De^ jüngere Bruder des Kurfürsten, der am 7. Sept. 1589 gebo¬
rene Herzog August, welcher seine spätere Bildung auf der Universität
Wittenberg erlangte, die ihm auch auf 2 Jahre die Rectorwürde über¬
trug, wurde Administrator des Stiftes Naumburg-Zeitz und starb als
solcher, nachdem er sich mit der braunschweigischen Prinzessin Elisa¬
beth vermählt, bereits am 26. Dee. 1615 plötzlich zu Dresden.