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Als nichts mehr zu morden und zu plündern da war, legten die Pilger
das Schwert nieder, reinigten sich vom Blute, und zogen nach der Kirche
des heiligen Grabes. Hier wurden sie feierlich von den Geistlichen em¬
pfangen. Alle dankten hier Gott für das Glück, das Grab des Erlösers
aus den Händen der Ungläubigen erlöst zu haben. Sie weinten vor Freude;
vor Allen aber frohlockte Peter von Amiens, der endlich seine heißesten
Wünsche erfüllt sah, und um den sich die dort wohnenden Christen drängten,
um ihm dankbar die Hände zu drücken.
Nunmehr mußte man daran denken, wer das neue Königreich Jerusalem
regieren sollte. Wer aber war wohl würdiger als Gottfried von Bouillon?
Auf ihn fielen auch die meisten Stimmen; er aber weigerte sich, da eine
Königskrone zu tragen, wo der Weltheiland mit einer Dornenkrone gekrönt
worden war. Die Regierung nahm er indessen an, und nannte sich: Schutz¬
herr Jerusalems und des heiligen Grabes. Wenige Wochen nach
seiner Erwählung schlug er bei Askalon (12. August) den ägyptischen Cha-
ckifen, welcher zur Wiedereroberung Palästina's heranrückte. Leider starb der
edle Mann schon im folgenden Jahre (1100). Sein Nachfolger war sein
Bruder Balduin, der sich König von Jerusalem nannte.
47. Die Ritterorden der Johanniter, Templer undDeutschen. —
Das Ritterthum.
(Johanniter in Jerusalem, Cypern, Rhodos und Malta. Tempelherren. Der deutsche
Orden. Hermann von Salza. Deutsche Ritter in Preußen 1230. Vereinigung mit den
Schwertbrüdern 1237. Ritterthum. Turniere.)
Da schon seit mehreren Jahrhunderten täglich neue Pilgerschaaren in
Jerusalem angekommen wareB, so hatte man zu ihrer Aufnahme und Ver¬
pflegung dort Klöster un§ Hospitäler erbaut. Ein solches war etwa fünfzig
Jahre vor dem ersten Kreuzzuge von einigen gutdenkenden italienischen Kauf¬
leuten aus Amalsi errichtet worden. Es wurde von dem für dasselbe ge¬
wählten Schutzpatron das Hospital des heiligen Jobannes von Jerusalem
genannt, seines wohlthätigen Zweckes wegen bald reich begabt, immer mehr
erweitert, und die Zahl der Mönche von Jahr zu Jahr vermehrt. Mittler¬
weile wurde Jerusalem erobert. Nun galt es nicht allein, kranke Pilger zu
verpflegen, sondern auch die Reisenden gegen die umherstreichenden Seld-
schucken zu beschützen. Daher theilten sich nun die Väter des Hospitals in
drei Klassen. Die Schwächeren und Aelteren bestimmten sich theils zur Pflege
der Kranken (dienende Brüder), theils zur Abwartung der geistlichen Ge¬
schäfte (Priester), während die Rüstigeren und Jüngeren sich in die Rüstung
steckten (Ritter), und die wehrlosen Pilger durch die Thäler von Palästina
geleiteten. Der Nutzen dieses Johanniter-Ordens leuchtete Jedem ein,
und daher erhielt er viele Güter geschenkt. Späterhin, als Jerusalem wie¬
der verloren gegangen war, wurde der Orden nach Cypern versetzt. Auch
von hier durch die Sarazenen vertrieben, setzte er sich in Rhodos fest (da¬
her Rhodiser Ritter), bis er im 16ten Jahrhundert von Kaiser Karl V.
Malta zum Aufenthalt erhielt. Von dieser Insel erhielten die Ritter den
Namen: Malteser-Ritter. Ihre erste Bestimmung: die Krankenpflege,