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verhinderte dies. In seinem Gefolge war Johann von Schwaben, spä¬
terhin Parricida genannt, seines (1289) verstorbenen Bruders Rudolph
einziger Sohn. Er war bereits 19 Jahr alt, konnte aber von dem länder¬
gierigen Oheim nicht erlangen, daß er ihm die vom Vater hinterlassenen
Güter überantwortete. Jetzt sah Johann die ihm vorenthaltenen Güter mit
eigenen Augen, und sein Unwille loderte heftiger aus. Alle Unzufriedenen
sammelten sich um ihn, und reizten ihn noch mehr gegen den König. Noch
einen Versuch der Güte wollte Johann machen. Zwei Bischöfe legten auf
seine Bitte sein Anliegen dem Könige vor; dieser aber antwortete: er möchte
sich gedulden, bis er den Krieg mit Böhmen beendigt, und Meißen erobert
habe. Johann ging murrend aus dem Zimmer. Albrecht rief ihm nach, er
solle hundert der besten Rosse und Leute zu seiner Führung auswählen. Johann
schwieg. Als sie an demselben Tage bei der Tafel saßen, brachte ein Junker
Maienkränze; so war es am 1. Mai gewöhnlich. Der König suchte den be¬
sten aus, und legte ihn seinem Neffen auf den Teller, und sagte: „Sieh,
lieber Vetter, so etwas paßt sich für dich." — Johanns Augen füllten sich mit
Thränen. Nachmittags, als Albrecht seiner Gattin entgegen ritt, und dabei
auf einem Kahne über die Aar setzen mußte, wußten Johann und seine Mit¬
verschworenen — Walther von Eschenbach, Rudolph von Balm, Ru¬
dolph von Wart und Conrad von Tegerfeld — es so einzurichten, daß
der König mit ihnen allein zuerst überfuhr, und die andere Begleitung jen¬
seits zurückblieb. Dann fielen sie plötzlich über ihn her. Albrecht rief:
„Vetter, zu Hülfe!" — „Da ist Hülfe!" schrie Johann, und stieß ihm das
Schwert mit solcher Gewalt in den Nacken, daß es vorn durch die Brust
hinausging. Die Andern hieben ihn vollends nieder, und entflohen. Der
Fluch des Himmels aber folgte ihnen. Den treulosen Johann hat man nie
wieder gesehen; es hieß, er sei nach Jerusalem gegangen, die große Schuld
durch Gebet am heiligen Grabe zu sühnen, und als Mönch in Pisa gestorben.
Eschenbach war ins Würtembergische geflohen, und Schäfer geworden; erst
nach 25 Jahren entdeckte er auf dem Sterbebette seinen Stand. Wart allein
wurde gefangen und lebendig gerädert.
59. Philipp IV. und die Tempelherren. — Das Haus Valois.
(Philipp III. 1270—1285. Philipp IV. der Schöne 1285—1314. Streit mit Eduard I.
von England wegen Guienne. Zerwürfniß mit dem Papste Bonifaz VIII. Eroberung
von Flandern. Der tiers-état. Wilhelm von Nogaret in Anagni 1303. Clemens V.
Päpste in Avignon bis 1376. Großes Schisma 1378—1417. Aufstand in Flandern
unter Peter le Roi 1302. Treffen bei Cortryk. Aufhebung der Templer 1307. Ver¬
brennung Jakob Molai's 1314. — Ludwig X. Hütiu 1314—1316. Enguerrand de
Marigny. Das salische Gesetz. — Philipp V. der Lange 1316—1322. Karl IV. 1322
bis 1328. Aussterben des Hauses Philipps IV. Das Haus Valois. Das Haus Na¬
varra.)
Nach des guten Ludwigs IX. Tode, 1270, wurde dessen Sohn
Philipp III. (1270 — 1285), derselbe, der ihn nach Tunis begleitet
hatte, König von Frankreich. Er war ein Mann von mittelmäßigen Herr¬