Full text: Mittlere Geschichte (Theil 2)

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Oel steckte, und einen Ring oder ein Geldstück vom Boden des Gefäßes herauf¬ 
holte. Dann verfuhr man, wie bei der Feuerprobe. Man nannte dies auch 
den Kesselfang. Die kalte Wasserprobe unternahm man so, daß man 
an Händen und Füßen gebunden ins Wasser geworfen wurde. Sank man 
unter, so wurde man mit einem Stricke, der um den Leib gebunden war, ge¬ 
schwind wieder herausgezogen, und losgesprochen; schwamm man aber, so war 
man schuldig. Die Kreuzprobe bestand darin, daß beide Theile, der Klä¬ 
ger wie der Verklagte, sich mit ausgebreiteten Armen an ein Kreuz stellten. 
Wer in dieser Stellung am längsten aushielt, hatte Recht, der Andere wurde 
bestraft. Alle diese Proben aber hielt der Mann, welcher das Recht hatte, 
die Waffen zu führen, für seiner unwürdig, und unterwarf sich lieber dem ge¬ 
richtlichen Zweikampfe. Diese Probe war die gefährlichste, thörichtste 
und unsittlichste, weil dabei der eine Theil gewöhnlich das Leben einbüßte, und 
Schuld oder Unschuld von der Stärke der Faust oder der Gewandtheit des 
Körpers abhängig gemacht wurde. Dennoch war der Zweikampf das gewöhn¬ 
lichste Mittel, die Unschuld zu beweisen. Daraus entstanden die noch in 
manchen Ständen zuweilen vorkommenden Duelle, die also der barbarischsten 
Zeit der Völker ihren Ursprung verdanken, und eben so unmoralisch als thö- 
richt sind. 
35. M u h a m e d. 622. 
(Arabien. Kaaba. Muhamed 622 — 632. Hedschra. Chalifen: Abubekr. Omar. Un¬ 
tergang des neupersischen Reichs oder des Reichs der Sassaniden 642. Othman. Ali. 
Trennung des Chalifats 660: Haus des Ali und Haus der Ommajaden.) 
Die Halbinsel Arabien, die sich zwischen dem arabischen und persischen 
Meerbusen hinzieht, ist ein Land von sehr verschiedener Bodenbeschaffenheit. 
Während sich in der Mitte zum Theil ungeheure Sandwüsten ausbreiten, in 
denen kein Gräschen, geschweige denn ein Baum fortkommt, und in den nörd¬ 
lichen Gegenden hier und da Gebirge und Klippen sich hinziehen, enthält es 
an der südwestlichen Meeresküste so herrliche Gegenden, daß da die köstlichsten 
Früchte und Apothekerkräuter, auch der beste Kaffee*), wachsen, und man das 
*) Der Kaffee stammt aus dem Mittlern Afrika, von wo lebende Pflanzen im Mit¬ 
telalter nach Arabien gebracht wurden. Hier gediehen sie so gut, daß dies Land bald alle 
benachbarten Morgenländer damit versehen konnte. Zu Anfänge des zehnten Jahrhunderts 
wird er zuerst von arabischen Schriftstellern erwähnt. Ums Jahr 1550 wurde das daraus 
bereitete Getränk in Constantinopel eingefllhrt, und erst 1644 kamen die ersten Kaffee¬ 
bohnen ins Abendland, nämlich nach Marseille, und man nannte diesen Kaffee levantischen, 
weil er zunächst aus Klein-Asien (Levante) eingeführt wurde. Non nun an wurde er zwar 
in den vornehmsten Handelsstädten Europa's bekannt, indessen, wegen seines hohen Preises, 
nur von Reichen getrunken. Dies trieb die Holländer an, den Kaffeebaum in ihren 
ostindischen Besitzungen anzupflanzen. Um das Jahr 1650 brachten sie einige Bänme aus 
Arabien nach Batavia auf Java, und wenn auch diese durch ein Erdbeben zerstört wur¬ 
den, so wurden doch gleich neue angepflanzt, so daß zu Aufange des achtzehnten Jahr¬ 
hunderts der Handel der Holländer mit Kaffeebohnen schon sehr bedeutend und einträglich 
war. Bis dahin kam also der Kaffee theils aus Arabien, theils aus Batavia. Aber 
1714 erhielt Ludwig XIV. einen Kaffeebaum geschenkt, der aus Batavia gekommen war, 
und den man im botanischen Garten in Leiden angepflanzt hatte. Ludwig schickte einen
	        
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