Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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Augenblicken in den Todesschlummer. — Gott gebe ihm eine fröhliche 
Urständ! Amen. 
Karl Stöber, Erzählungen. 
11. Christoph Kollheim. 
Wie mancher hat schon gesagt: „Was mich nicht brennt, das 
blase ich nicht!“ und ist vorübergegangen, wo er hätte helfen sollen. 
Das ist so ein Sprüchlein, womit sich die Geizigen, Hartherzigen 
und andere Leute dieser Art beruhigen, wenn der Geist nicht willig 
und das Fleisch schwach ist. So dachten auch der Priester und der 
Levit, als sie den Unglücklichen in seinem Blut liegen ließen und sich 
aus dem Staube machten. Dachte auch der Samariter so? Dachte 
auch der brave Christoph Kollheim in einem Dorfe bei Duderstadt 
so? Der war ein blutarmer Schelm, ein Witwer dazu, und hatte 
drei Kinder, die gar oft sagten: „Vater, wir sind so hungrig!“ Das 
hört ein Vater gern, wenn er Brot genug hat und noch etwas dazu; 
aber wie schneidet das ins Herz, wenn keins da ist! Und just so 
ging's dem armen Kollheim oft genug. Das Betteln verstand er nicht; 
aber er verstand, Schuhe zu flicken, Kochlöffel zu schnitzen, Besen zu 
binden, und solcher kleinen Künste mehr, was er auch so fleißig that, 
daß er sich kümmerlich mit seinen Kindern durchbrachte; — aber es 
kam doch mancher „lange Tag“. 
Der Kollheim hatte einen recht guten Freund, Namens Volkmann. 
Der war auch Witwer, wie er, und hatte sieben unerzogene Kinder. 
„Gleic) und gleich gesellt sich gern,“ heiß!s im Sprichworte, und 
„das Unglück ist der beste Leim.“ Der Volkmann und seine Kinder 
hatten der Fasttage so viele, daß sie schier die schwere Kunst bald 
gelernt hätten, wenn nicht das Lehrgeld gar zu schwer wäre. Beide 
Leidensbrüder waren ein Herz und eine Seele. Da sagte einmal der 
Volkmann zu seinem Busenfreunde Kollheim: „Ich ziehe nach Lauter— 
berg ins Hannöversche; dort ist mehr Verdienst.“ Gesagt, gethan 
— und der Hausrat kostete nicht viel Fracht. Der Kollheim wünschte⸗ 
ihm alles, was ihm heilbringend sein könnte; aber der Arme fand's 
in Lauterberg nicht; — denn er erkrankte und starb, und die hungern— 
den Kindlein schickten die von Lauterberg hin, wo sie hergekommen. 
Die Bauern im Dorfe dachten: „Was mich nicht brennt, das blase 
ich nicht!“ und ließen die hungernden Waisen laufen. Dachte auch 
der bluͤtarme Kollheim so? Nein, lieber Leser; der nahm die sieben 
Waisen seines Freundes in seine kleine Hütte zu seinen Kindern, sah 
mit einer heißen Thräne gen Himmel und seufzte: „Herr, der du
	        
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