210 
Neueste Geschichte. 5. Periode. Deutschland. 
gefordert. Am folgenden Tage schaarten sich die Volksmassen 
um das Haus, wo sich die östreichischen Stände versammelten. 
Redner sprachen von einem Brunnen herab und schon machte 
sich die Aufregung in Gewaltthätigkeiten Luft. Es rückte Mili- 
tair an und gab nach einigem Zögern Feuer; da zerstob das 
Volk, aber nur um zur Rache für das vergossene Blut aufzuru¬ 
fen. Das Zeughaus wurde angegriffen; Tausende zogen nach 
dem kaiserlichen Schloß, und in dem hereinbrechenden Abenddun- 
kel erschallte ein grauenhaftes Tosen um die Hofburg. Eine De¬ 
putation der Bürger verlangte Zutritt zum Monarchen; bis end¬ 
lich Fürst Metternich seinen Rücktritt erklärte. Auf diese Nach¬ 
richt entstand Jubel unter dem Volk, die Stadt wurde illuminirt; 
aber die Scenen des Aufruhrs wurden in den Vorstädten zum 
Theil fortgesetzt, Fabriken wurden geplündert, Zollhäuser nieder¬ 
gerissen und auf Metternichs Landhaus insbesondere richtete sich 
die wilde Zerstörungswuth der Menge. Der alte Staatsmann 
entzog sich der öffentlichen Ungunst durch die Flucht nach England, 
von wo er erst im Jahre 1851 zurückkehrte. 
In Folge der Ereignisse des 13. März wurde eure allge¬ 
meine Volksbewaffnung beschlossen und durchgeführt, und die rohe¬ 
sten Excesse legten bald Zeugniß von der eingetretenen Pö¬ 
belherrschaft ab. Preßfreiheit, freies Versammlungsrecht und alle 
sonstigen Freiheiten wurden rückhaltslos zugestanden, und das 
Volk, welches bis dahin in der strengsten Bevormundung gehal¬ 
ten worden war, machte von jenen Freiheiten den zügellosesten 
verderblichsten Gebrauch. In der Presse und in Versammlungen 
wurden die aufreizendsten revolutionairen und demokratischen 
Lehren verkündigt, und die Studenten mit der in der Eile ge¬ 
bildeten Bürgerwehr vermochten die heraufbeschworene Fluth nicht 
zu beherrschen. Die längste Zeit hindurch gab die östreichische 
Hauptstadt das Bild der vollkommensten Gesetzlosigkeit. Der neu¬ 
gebildete Ministerrath wollte den zu berufenden Ständen des 
Reichs eine neue Verfassung zur Berathung vorlegen, aber die 
Demagogen wollten von den alten Stünden nichts wissen und 
erregten am 15. Mai einen neuen Aufstand, in Folge dessen die 
Einberufung eines constituirenden Reichstag (ohne Scheidung 
der Stände in besondern Kammern) zugestanden wurde. Der 
Kaiser begab sich jedoch nach diesen Vorgängen heimlich nach 
Innsbruck, wodurch ein Theil der wiener Bevölkerung, noch 
größere Umwälzungen fürchtend, in große Bestürzung versetzt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.