49
kröne bemühte, und, nachdem er Karln hatte nachstehen müssen, auf diesen
einen bittern Haß warf, ist schon erzählt worden; ebenso daß beide vier Kriege
mit einander führten. Unter seiner Regierung breitete sich die Lehre Zwingli's
in Frankreich aus; Franz verfolgte die Bekenner derselben mit Härte, wohl
weniger aus Religionshaß, als weil er es mit seinen katholischen Unterthanen
nicht verderben wollte; denn zu derselben Zeit unterstützte er heimlich die
schmalkaldischen Bundesgenossen gegen Kaiser Karl. Ueberhaupt fehlte ihm
der höhere Sinn, der dem Menschen nur das zu thun erlaubt, was er für
wahr und recht erkennt. Er fragte bei seinen Unternehmungen nur, ob die
Klugheit sie anrieche; nach ihrer Rechtmäßigkeit aber fragte er nicht. Darum
ist es ihm auch selten gelungen, und Frankreich befand sich unter ihm, ob er
gleich ein Freund und Beförderer der Künste und Wissenschaften war, nicht
glücklich. Er starb, noch nicht 53 Jahre alt, 1547, an den Folgen jugend¬
licher Ausschweifungen.
Ganz zu derselben Zeit, von 1509 —1547, war in England Hein¬
rich VIII. König, ein Sohn Heinrichs VII. Heinrichs Charakter war aus
Stolz, Mißtrauen, Launenhaftigkeit und Eigensinn zusammengesetzt, lauter
Eigenschaften, welche ihn weder beliebt, noch seine Unterthanen glücklich machen
konnten. In der ersten Zeit seiner Regierung hatte er einen ausnehmend
brauchbaren Minister an dem Cardinal Wolseh. Dieser Mann war durch
seine Klugheit und Gewandtheit aus dem Volke emporgestiegen; denn sein
Vater war ein Fleischer in einer kleinen englischen Stadt. Aber dergleichen
Leute pflegen leicht übermüthig zu werden, und zu vergessen, daß Gott, der
sie erhob, sie auch wieder in den Staub stürzen kann. Davon ist auch dieser
Wolseh ein Beispiel. Wenn er an hohen Festtagen Messe las, ließ er sich
nur von Bischöfen und Aebten bedienen, und die angesehensten Edelleute
mußten ihm bei dem Sprengen des Weihwassers Becken und Handtuch
reichen. Auf der Straße hatte er zuweilen ein Gefolge von 800 Personen
hinter sich; König Franz und Kaiser Karl bewarben sich, weil sie seinen Ein¬
fluß auf seinen König kannten, um seine Gunst. Jener nannte ihn seinen
Lehrer und Vater, und dieser machte ihm gar zur Papstwürde Hoffnung, Beide,
um ihn zu bewegen, seinen König für sie zu stimmen. Und doch verlor er
nach langjährigen treuen Diensten die Gnade seines Herrn. Er verlor seine
hohen Stellen, und man ging gar damit um, ihn aufs Blutgerüste zu bringen.
Sein Sturz betrübte ihn so, daß er auf dem Wege nach dem Tower in Folge
der Gemüthsbewegung (1530) starb. „Hätte ich Gott so treu gedient wie
dem Könige," sagte er kurz vor seinem Tode, „gewiß würde er mich bei
meinen grauen Haaren nicht verlassen haben!"
Schon in seinem 18. Jahre war Heinrich von seinem Vater gezwungen
worden, seines Bruders Wittwe, Katharina von Aragonien, eine Toch¬
ter Ferdinands des Katholischen, zu heirathen. Er hatte von ihr eine Tochter
Maria, und lebte mit ihr ziemlich verträglich. Da fiel es ihm plötzlich nach
einer 20jährigen Ehe ein, sich von ihr zu trennen, um Anna Bo lehn
(spr. Bulähn), eine ihrer Hofdamen, heirathen zu können. Dazu war aber
nöthig, daß der Papst (Clemens VII.) die Scheidung ausspräche. Das hätte
dieser auch wohl gethan; aber Katharina war eine Base Kaiser Karls, und
dieser, der schon mit dem Papste unzufrieden war, bedrohte denselben, wenn
Nöff. Weltgesch. 3. Th. a