47
Kraft des Windes zum Forttreiben des Schiffes zu benutzen und zu diesem
Zwecke Segel an einem Mastbaume aufzuziehen. Die Segel sind ursprünglich un¬
beweglich am Mast befestigt und heute noch so bei den Arabern in Gebrauch,
werden aber später beweglich gemacht und verleihen dann dem Schiff eine größere
Lenkbarkeit. Als Eigentümlichkeit wird uns von Cäsar berichtet, daß die Kelten
auf dem stürmischen Kanal Segel aus Leder benutzten und statt der Taue Ketten
hatten. Der Bau des Schiffes war in früherer Zeit so, daß das Bord möglichst hoch
hinaufgeführt wurde, weil man stets auf das Entern eingerichtet sein mußte und
dann derjenige im Vorteil war, der von höherem Bord aus die Feinde angreifen
konnte. In früheren Zeiten machte man das Hinterteil der Schiffe höher, jetzt das
Vorderteil. Segelschiffe werden heute noch im Monsungebiete regelmäßig benutzt,
werden aber neuerdings auch wieder in anderen Gebieten häufig gebaut und mit
vier oder sogar fünf Masten versehen. Auch unsere Dampfer benutzen vielfach
noch die Segel. Segelschiffe werden ihren Wert behalten für die Beförderung
von billigen Massengütern; unter ihnen sind am bekanntesten die Reisfahrer,
die um das Kap nach Indien fahren, und die Salpeterfahrer, die um das Feuerland
nach Chile segeln. Auch für Verfrachtung von Getreide, Baumwolle, Petroleum,
Kaffee und Hölzern werden die Segelschiffe vorgezogen. In den letzten 25 Jahren
hat sich die Zahl der Segelschiffe um die Hälfte vermindert und ihre Tonnenzahl
um ein Viertel. Man bezeichnet als Nettotonnen die Ladungsfähigkeit im gedeckten
Laderaum im Gegensatz zu den Bruttotonnen, die den gesamten Schiffsraum
bezeichnen, und zu den Registertonnen, deren Einheit 2,833 cbm beträgt. Beim
Vergleich zwischen Dampfern und Seglern können nicht ohne weiteres die Tonnen¬
zahlen verwendet werden, denn der Segler setzt seine Ladung viel seltener um
als der Dampfer. Man rechnet deshalb beim Vergleich gewöhnlich die Tonnenzahl
der Dampfer gleich dem Drei- bis Vierfachen der entsprechenden Zahl bei den
Seglern. Wenn beispielsweise die Handelsmarine im Jahre 1902 27 854 Segler von
einem Tonnengehalt über 50 Tonnen mit zusammen 8 Millionen Tonnen aufwies
und zu derselben Zeit 12 732 Dampfer von über 100 Tonnen zusammen
15 500 000 Tonnen hatten, so wird man für die Transportleistung die Segelschiffe
mit 8 Millionen, die Dampfer aber mit 46 Millionen Tonnen ansetzen müssen.
An der Gesamtleistung ist Großbritannien mit 48%, Deutschland mit 10% und
die Union mit 28% beteiligt. Die Schiffe bestehen heute meistenteils aus Eisen.
Ihre Geschwindigkeit beträgt bis zu 1672 Seemeilen in der Stunde (1 Seemeile
= 1 Äquatorminute = 1852 m). Die Geschwindigkeit wird auch nach Knoten
berechnet, d. h. nach den Knoten, die in den Logleinen eingeknüpft sind und
ungefähr 7 m betragen. Die Zahl der in der Sekunde ablaufenden Knoten entspricht
der Zahl der Seemeilen in der Stunde.
Der Wasser verkehr auf dem Weltmeere ist zu einer Bedeutung erst gelangt,
seit der Kompaß in eine brauchbare Form umgewandelt wurde und seit der Ent¬
deckung Amerikas. Bis dahin gab es nur Küstenverkehr. Eigentliche Wasser¬
straßen führen über das Eismeer und durch den Indischen Ozean auch heute
noch nicht, da es dort kein Land gibt, was den Verkehr an sich zöge; die Schiffe
verkehren dort nur zum Zwecke der Fischjagd.
1. Der seit alter Zeit wichtigste Raum ist das Mittelländisch-Indische Ver¬
kehrsgebiet. Seine Benutzung ruht auf den im Indischen Ozean herrschenden
regelmäßigen Monsunwinden und den auch im Mittelländischen Meere regelmäßig