Full text: [Band 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 6 = 6. Schuljahr, [Schülerband])

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sagen, daß bis zu dem Vordringen der Russen über die Kirgisensteppe 
ihre Machterweiterung über Nordasien genau durch die Verbreitung 
der Pelztiere bestimmt war. 
überzeugten wir uns bisher, daß das Verhängnis großer Erd— 
räume und großer Völker durch die Verteilung kostbarer Güter aus 
dem Stein- und Tierreich bestimmt wurde, so haben auch manche 
Pflanzenerzeugnisse einen ähnlichen Zauber ausgeübt, zumal in früheren 
Zeiten, wo noch nicht die Geschicklichkeit im Übersiedeln von Gewächsen 
erworben worden war, deren sich die Gegenwart erfreut. So hat 
die Begierde nach den Schätzen des indischen Morgenlandes die Portu— 
giesen am atlantischen Gestade Afrikas zuerst nach Süden geführt. 
Indien, worunter die Sprache der damaligen Erdkunde ganz Süd— 
asien samt China und Japan verstand, galt irrtümlicherweise für 
ein metallreiches Land, während es an Silber und Gold doch ziemlich 
arm ist. Nur die Edelsteine Ceylons, die Perlenbänke im 
Managargolf, im Persischen Meerbusen und im Roten Meere waren 
keine Erdichtungen der Abendländer. Zu diesen Erzeugnissen gesellten 
sich etliche köstliche Gewürze und geschätzte Drogen. Äußerst 
folgenreich wirkte nun die Tatsache, daß gerade Gewürze, Arzneimittel 
und Wohlgerüche ein sehr beschränktes Verbreitungsgebiet besaßen. 
Der Pfeffer, in der kaufmännischen Schätzung damals das vor— 
nehmste Gewürz, war nur von der Malabarküste in Indien oder von 
der Insel Sumatra zu holen. Die Muskatnüsse und ihre Blüten 
blieben noch auf die Inseln der Banda-See beschränkt und die Ge— 
würznelken fanden sich sogar nur auf einigen kleinen Inseln der 
eigentlichen Molukken. Ferner wurde und wird noch jetzt der echte 
Kampfer in zwei beschränkten Gebieten auf Sumatra und Borneo 
gewonnen. Bis an das Ende des damaligen Erdkreises mußten also 
die Portugiesen segeln, bevor sie die Ursprungsorte jener vegetabilischen 
Seltenheiten erreichten. Es mag beschämend erscheinen, daß es solcher 
Lockmittel bedurfte, damit nacheinander Portugiesen, Holländer, Fran— 
zosen und Briten nach Südasien gezogen wurden; allein immerhin 
war es für die Verbreitung der Kultur höchst günstig, daß jene 
Schätze so eigensinnig verteilt, so spärlich vorhanden waren; denn 
ohne sie wären die Europäer nicht oder noch nicht überall auf dem Erd— 
ball zu finden. Die Portugiesen treffen wir allenthalben an den 
Ursprungsstätten der Gewürze, also auf der Westküste, nicht auf der 
Ostküste Hindostans, auf den großen Marktplätzen der Malaien und 
auf den Gewürzinseln des äußersten asiatischen Ostens verbreitet. 
Münchener Lesebuch. VI. 4. Auflage. 
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