Full text: Die Alte Geschichte (Theil 1)

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und Kälte, ja sogar gegen empfindliche Körperschmerzen. Jähr¬ 
lich einmal wurden Knaben öffentlich am Altare der Diana bis 
auf's Blut gegeißelt.*) Die Eltern standen dabei und mun¬ 
terten ihre Kinder auf, muthig bis au's Ende auszuhalten. 
Weinen war dabei die größte Schande. Manche Knaben sollen 
unter bett Geißelhieben todt hingesunken sein, ohne einen Laut 
des Schmerzes von sich gegeben zu haben. Vorzüglich ehrer¬ 
bietig mußten die Knaben gegen die Alten sein. Auf der Straße 
mußten sie ihnen aus die Frage: „Woher und wohin?" augen¬ 
blicklich Rede stehen. In ihrer Gesellschaft durften sie durch¬ 
aus nicht sprechen, es sei denn, daß sie gefragt wurden. Auf 
Fragen aber, die an sie gestellt wurden, ntußten sie kurz und 
verständig antworten. Noch jetzt nennt tu an eine kurze, aber 
vielsagende Antwort eine lakonische. 
Auch die Jungfrauen trieben die Uebungen der Knaben 
und Männer, bamit alle in gleicher Körperkraft aufblüheten. 
Künste und Wissenschaften waren hier nicht zu suchen. Die 
Stadt glich vielmehr einem großen Kriegeslager, in welchem 
der ganze dorische Adel stets zusamtnen, stets mit gesammter 
Macht zum Ausrücken fertig und bereit stand. 
Das war Sparta nach den Einrichtungen des Lykurgus. 
Sobald diese aristokratisch-tnilitärische Verfassung geordnet war, 
ließ Lykurgus seine Mitbürger schwören, alle Gesetze so lange 
aufrecht zu erhaltett, bis er von einer Reise itt's Ausland zu¬ 
rückgekehrt wäre. Der Eid ward geleistet. Lykurgus schied, 
kehrte aber nicht zurück. Niemand weiß, wie und wo er gestor¬ 
ben ist. Auch dieses geheimnißvolle Scheiden vom Schauplatze 
des Lebens erhöhete das Ansehen seiner Gesetze. Vierhundert 
Jahre lang blieb die lykurgische Verfassung ungeschmälert, und 
Sparta stand da als erster Staat Griechenlands. Alsdann aber 
*) Früher waren dieser Göttin Menschenopfer gebracht worden, 
später, bei milder gewordenen Sitten, galt diese Geißelung als Ent- 
schädigung für jene Opfer.
	        
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